Ukraine-Streit entzweit Deutschlands orthodoxe Bischöfe

Eklat bei Messe in Düsseldorf

Die Einheit der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland ist in Gefahr. Sie droht am Streit zwischen der russisch-orthodoxen Kirche und dem Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel zu zerbrechen.

Autor/in:
Oliver Hinz
Orthodoxe Kirche / © Elisabeth Schomaker (KNA)
Orthodoxe Kirche / © Elisabeth Schomaker ( KNA )

So ein Zerreißprobe wünscht sich kein Bischof bei seiner Inthronisierung: Der neue serbisch-orthdoxe Bischof von Deutschland, Grigorije (50), musste am vergangenen Sonntag entscheiden, welchen Bischof er von der Konzelebration beim Festgottesdienst in der Kirche des Heiligen Sava in Düsseldorf ausschließt. Entweder die beiden russisch-orthodoxen Bischöfe oder den Vikarbischof des Patriarchats von Konstantinopel?

Grund sind die Sanktionen, die die russisch-orthodoxe Kirche vor wenigen Tagen gegen das Ökumenische Patriarchat von Konstantinopel beschloss. Moskau untersagte seinen Bischöfen die Konzelebration mit Bischöfen von Konstantinopel, also das gemeinsame Feiern von Messen am Altar.

Empfang der Kommunion abgelehnt

Die Serben gaben den beiden russischen Bischöfen den Vorrang. Das mag auch damit zu tun haben, dass der Berliner russische Erzbischof Tikhon stellvertretender Vorsitzender der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland (OBKD) ist. Das Nachsehen hatte der griechisch-orthodoxe Vikarbischof Bartholomaios. Er wurde gebeten, wegen der Anwesenheit der beiden russischen Bischöfe nicht zu konzelebrieren. Stattdessen bat man ihn in einfacher Soutane in den Altarraum und lud ihn zur Kommunion ein. Bartholomaios stand also dabei, lehnte aber den Empfang der Kommunion ab.

Ein Eklat. Der Vorsitzende der OBKD, der griechisch-orthodoxe Metropolit Augoustinos, erklärte am Dienstag in Bonn, eine solche Situation habe er in seiner fast fünf Jahrzehnten dauernden Bischofszeit noch nicht erlebt. Sie sei "schmerzhaft und verstörend".

"Ich bedaure diese Maßnahme und die dahinter stehende Einstellung zutiefst"

Für orthodoxe Christen sei die "gemeinsame Feier der Göttlichen Liturgie, der Eucharistie also, die Summe und der Höhepunkt unseres kirchlichen Lebens". "Selbst wenn von russischer Seite betont wird, es handele sich nicht um eine Aufkündigung der eucharistischen Gemeinschaft und im Übrigen seien Konzelebrationen von Priestern weiterhin gestattet, bedauere ich diese Maßnahme und die dahinter stehende Einstellung zutiefst", so der Metropolit und ranghöchste Vertreter des Patriarchats von Konstantinopel in Deutschland.

Deutschlands orthodoxe Bischöfe droht der Streit zwischen den Kirchenzentren Konstantinopel (Istanbul) und Moskau noch weiter zu entzweien. Alle drei russischen Bischöfe Deutschlands erwägen den Rückzug aus der Bischofskonferenz, "wenn in nächster Zeit keine sinnvolle Änderung der Situation eintritt", sagte der russisch-orthodoxe Erzbischof Mark. Bis zur nächsten Vollversammlung der OBKD sind es noch mehr als zwei Monate. Sie ist für den 1. Dezember angesetzt. Der Hauptschauplatz des orthodoxen Kirchenstreits ist die Ukraine.

Moskau will die Trennung der ukrainischen von der russischen Kirche verhindern

Die Patriarchen Bartholomaios I. von Konstantinopel und Kyrill I. von Moskau ringen heftig um die Frage: Soll die Kirche in der Ukraine weiter Moskau unterstehen oder eigenständig (autokephal) werden? Es geht konkret um rund 12.000 Pfarreien, aber auch um die Vorrangstellung in der Orthodoxie. Moskau will die Trennung der ukrainischen von der russischen Kirche verhindern und die Oberhoheit über die orthodoxen Christen in der Ukraine behalten. Konstantinopel ist fest entschlossen, ihnen die Autokephalie zu verleihen.

Der Konflikt erschwert die Zusammenarbeit der 16 orthodoxen Bischöfe in Deutschland aus sieben eigenständigen nationalen Kirchen enorm. 1994 gründeten sie die Kommission der Orthodoxen Kirche in Deutschland, 2010 die OBKD. Diese ist Träger zahlreicher gemeinsamer Initiativen der mittlerweile an die zwei Millionen orthodoxen Christen in Deutschland. Die erreichte Einheit ist auch das Lebenswerk des 80-jährigen Augoustinos. Er hofft, dass die orthodoxe Kirche ihre Krise "möglichst bald" überwinden kann.

Im Vergleich zu den Patriarchen von Moskau und Konstantinopel stimmen die deutschen Bischöfe jedenfalls milde Töne an. Schließlich haben sie lange gut zusammengearbeitet.

 

Quelle:
KNA
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