Beauftragter kündigt Meldesystem für Antisemitismusfälle an

"Klima des Bewusstseins schaffen"

Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, plant ein neues Meldesystem für Vergehen gegen Juden in Deutschland. Man habe es mit einer neuen Qualität zu tun, wie die Vorfälle in Chemnitz zeigten, betonte Klein.

Kundgebung gegen Antisemitismus in Berlin / © Markus Nowak (KNA)
Kundgebung gegen Antisemitismus in Berlin / © Markus Nowak ( KNA )

Viele Vorfälle lägen aber auch unterhalb der Schwelle der direkten Gewalt, etwa, wenn jüdischen Restaurantbesitzern verdorbenes Schweinefleisch vor die Tür gelegt werde.

Solche Vorfälle sollten nun in einem neuen System namens MIRA (Melde-, Informations- und Recherchestelle gegen Antisemitismus) bundesweit gesammelt werden, so Klein an diesem Donnerstag im Bayrischen Rundfunk (BR).

Antisemitismus im Internet bekämpfen

Außerdem wolle man gemeinsam mit israelischen Behörden Werkzeuge entwickeln, um Antisemitismus im Internet zu bekämpfen. 90 Prozent der Straftaten gegen Juden würden von Rechtsradikalen begangen, so Klein, der derzeit in Israel an den Regierungskonsultationen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) teilnimmt.

In einem weiteren Interview mit dem Südwestrundfunk (SWR) sagte er, wenn sich jemand früher nicht getraut habe, antisemitische Sprüche zu machen, so tue er oder sie das heute "ungehemmter und unverhohlener im Internet". Dort sei erst einmal niemand, der widerspreche, und es sei auch leichter, Gleichgesinnte zu treffen.

Klein wies laut BR auch darauf hin, dass in Deutschland die Wahrnehmung antisemitischer Vorfälle weit auseinanderklaffe. So hätten 80 Prozent der in Deutschland lebenden Juden den Eindruck, der Antisemitismus habe zugenommen und sei ein ernstes Problem. Zugleich seien etwa 80 Prozent der nicht jüdischstämmigen Bevölkerung in Deutschland der Meinung, es gebe wichtigere Probleme.

Neue Formen der Erinnerung finden

Im SWR betonte der Antisemitismusbeauftragte außerdem, Deutschland habe sich durch die Migration verändert und Zeitzeugen würden immer weniger. Deshalb sei es wichtig, "neue Formen der Erinnerung" zu finden.

Klein forderte darüber hinaus mehr Prävention. Das fange in der Schule an. Lehrer sollten besser in die Lage versetzt werden, bei antisemitischen Vorfällen einzugreifen. Auch sei es wichtig, mehr Angebote in Jugendzentren in Ost und West zu schaffen, damit junge Menschen nicht auf rechtsradikale Gruppierungen hereinfielen.

Insgesamt müsse ein "Klima des Bewusstseins" geschaffen werden, dass "Antisemitismus gegenwärtig ist, dass er nicht klein geredet wird", sondern als große Bedrohung der Gesellschaft wahrgenommen werden müsse.

 

Antisemitismusbeauftragter der Bundesregierung: Felix Klein / © Rene Bertrand (dpa)
Antisemitismusbeauftragter der Bundesregierung: Felix Klein / © Rene Bertrand ( dpa )
Quelle:
KNA