Die zusammenbrechende Wirtschaft und der anhaltende Währungsverfall im Jemen sind für Kinder nach Ansicht von Helfern inzwischen ebenso lebensbedrohlich wie die anhaltenden Bombardierungen in dem Bürgerkriegsland. Die Kosten für Grundnahrungsmittel wie Mehl, Reis, Salz, Zucker und Speiseöl hätten sich seit der Eskalation der bewaffneten Kämpfe im Jemen im Jahr 2015 fast verdoppelt, teilte die Kinderrechtsorganisation "Save the Children" am Donnerstag in Berlin mit. "Viele Familien haben große Mühe, ihre tägliche Nahrungsmittelversorgung sicherzustellen, Eltern wissen oft nicht, woher die nächste Mahlzeit für ihre Kinder kommen soll."
Der wirtschaftliche Zusammenbruch im Jemen sei ein lautloser Killer, so die Organisation. Eltern berichteten, dass sie bis zu zwei Tage lang selbst nichts äßen, um die wenige verfügbare Nahrung an ihre Kinder zu geben. "Das Geld ist immer weniger wert und die Menschen werden für ihre Arbeit nicht mehr bezahlt", sagte Tamer Kirolos, Länderdirektor für den Jemen bei "Save the Children". Die Vereinten Nationen warnten am Dienstag, die Hungersnot im Jemen könnte bald 14 Millionen Menschen betreffen, die Hälfte der Bevölkerung. "Save the Children" appellierte an alle Konfliktparteien, die Lieferung von humanitären Hilfsgütern zu ermöglichen und sich auf die Einleitung eines von den Vereinten Nationen koordinierten Friedensprozesses zu verpflichten.
Entwicklungsminister wirft Welt Versagen im Jemen vor
Der Entwicklungsminister Gerd Müller, CSU, wirft der Weltgemeinschaft in diesem Zusammenhang vor, eine humanitäre Katastrophe im Kriegsland Jemen zugelassen zu haben. "Die Hilfswerke der Vereinten Nationen wie Unicef und das Flüchtlingswerk UNHCR sind massiv unterfinanziert", beklagte der CSU-Politiker dem RedaktionsNetzwerk Deutschland am Donnerstag. "Nicht einmal die Hälfte des Hilfsbedarfs ist gedeckt", fügte er hinzu. Einfachste Medikamente und Nahrungsmittelhilfen könnten jemenitische Kinder retten.
Der Minister bescheinigte der internationalen Gemeinschaft Tatenlosigkeit: "Es ist beschämend, dass die Weltgemeinschaft den Menschen im Jemen beim Sterben zuschaut." Hilfsmittel müssten dringend bereitgestellt werden. "Und es muss endlich zu einem Waffenstillstand und einer politischen Lösung des Konflikts unter Federführung der Vereinten Nationen kommen", forderte der CSU-Politiker.
Im Jemen, dem ärmsten Land der arabischen Halbinsel, liefern sich seit Jahren schiitische Huthi-Rebellen und die sunnitisch geprägte Zentralregierung einen Machtkampf. Eine von Saudi-Arabien angeführte Koalition fliegt seit 2015 Luftangriffe gegen die Rebellen und unterstützt die Zentralregierung. Weitere arabische Staaten - etwa die Vereinigten Arabischen Emirate - sowie die USA, Großbritannien und Frankreich sind ebenfalls beteiligt. Der mehrheitlich schiitische Iran unterstützt die Huthi. Seit Beginn des Bürgerkriegs kamen rund 10.000 Menschen ums Leben.