Kongresswahlen in den USA

Das christliche Zünglein an der Waage

Die Kongresswahlen in den USA sind überstanden. Den wichtigen Senat konnten Trumps Republikaner halten. Das Repräsentantenhaus geht an die Demokraten. Evangelikale hatte Trump ohnehin eher auf seiner Wählerseite. Und nun auch vermehrt Katholiken?

Wahlen in den USA / © David Goldman (dpa)
Wahlen in den USA / © David Goldman ( dpa )

Im Abgeordnetenhaus werden künftig die Demokraten – erstmals seit acht Jahren – das Sagen haben. US-Präsident Donald Trump hat bei den Kongresswahlen in den USA die Mehrheit im Repräsentantenhaus eingebüßt, kommt aber mit vergleichsweise moderaten Verlusten davon. Seine Republikaner konnten die Mehrheit im Senat dank günstiger Voraussetzungen klar halten. DOMRADIO.DE hat im Vorfeld der Wahl mit dem Jesuitenpater und USA-Kenner Godehard Brüntrup gesprochen:

DOMRADIO.DE: Bisher haben Trumps Republikaner in beiden Häusern, sowohl im Abgeordnetenhaus als auch im Senat, die Mehrheit. Was würde sich ändern, sollten die Demokraten wenigstens im Abgeordnetenhaus das Verhältnis umkehren können?

Prof. Godehard Brüntrup (Jesuitenpater und USA-Kenner): Sollte das passieren - das kann man im Moment noch schwer absehen - dann könnten sie Gesetzesvorhaben blockieren. Sie könnten auch ein Misstrauensvotum oder sogar ein sogenanntes Impeachment (Amtsenthebungsverfahren, Anm. d. Red.) gegen Trump starten und damit eine Menge Sand ins Getriebe der Trump-Maschinerie und der Regierung streuen. Sie könnten aber ohne eine Mehrheit in beiden Häusern zu haben, nicht wirklich wirksam und auf Dauer Trump im Wege stehen. Aber sie würden vieles verlangsamen und auch vieles erschweren.

DOMRADIO.DE: Ist das auch der Grund, warum dieser Wahlkampf so hart ausgefochten wird?

Brüntrup: Es wird deshalb so hart ausgefochten, weil die Unterschiede zwischen beiden Seiten vielleicht in jüngerer Geschichte nie so drastisch waren und weil sich der Konflikt auch emotional auf beiden Seiten enorm hochgeschaukelt hat.

Für die Demokraten ist Trump die Inkarnation des Bösen. Er ist charakterlich völlig ungeeignet, Präsident zu sein.

Für viele seiner Anhänger ist er ein Hoffnungsträger, der nie dagewesene Zahlen bei der Arbeitslosigkeit, von Vollbeschäftigung gebracht hat, der großen wirtschaftlichen Aufschwung gebracht hat, der verspricht, die Grenzen gegen illegale Immigration zu schließen.

DOMRADIO.DE: Alle halten sich mit Prognosen auffällig zurück. Warum ist es in diesem Jahr offenbar so schwer, solche Voraussagen zu treffen?

Brüntrup: Das hat zwei Gründe. Zum einen ist die Sache sehr knapp. Die Demokraten haben im Abgeordnetenhaus etwa 204 Stimmen sicher. Ihnen fehlen noch etwa 15, 16 Stimmen und dann kommen sie an die Mehrheit. Aber etwa 40 Ausgänge sind umstritten und diese Ausgänge sind so knapp, dass es sowohl in die eine wie auch in die andere Richtung auspendeln kann. Die Vorhersagen liegen innerhalb der Irrtums-Marche, sodass sich wirklich niemand eine Prognose zutraut.

Der andere Grund ist der: Man hat bei Trump vor zwei Jahren so daneben gelegen, es haben sich alle Institute derartig blamiert, weil sie alle einen Sieg von Clinton vorausgesagt haben, dass diesmal alle vorsichtiger sind.

DOMRADIO.DE: Sprechen wir über die Karawane der mittelamerikanischen Migranten durch Mexiko, die in Richtung USA unterwegs sind. Das Thema Einwanderung ist auch dadurch besonders in den Fokus geraten. Was für eine Rolle mag das jetzt bei dieser Wahl spielen?

Brüntrup: Für Trump ist das Thema Einwanderung ein Mobilisierungsthema. Trump hat ähnlich wie die AfD in Deutschland viele Menschen, die von der Politik frustriert waren und gar nicht mehr wählen gegangen sind, wieder an die Urnen gebracht, indem er wichtige Themen für sie besetzte. Dazu gehören das Immigrationsthema und das Asylantenthema.

Es sieht auch diesmal wieder so aus, als wenn es die Republikaner - das sieht man schon anhand der ersten vorliegenden Zahlen der Briefwähler - geschafft haben, ihre Klientel ganz erheblich zu mobilisieren. Wenn sich das so weiter fortsetzt, dann hätten die Republikaner sogar gute Chancen, beide Häuser für Trump zu erhalten.

DOMRADIO.DE: Menschen, die auch hinter Trump stehen, sind die Evangelikalen in den USA. Wie ist das bei den katholischen Wählern? Hat sich da etwas verschoben seit der letzten Präsidentschaftswahl?

Brüntrup: Die christlichen Wähler sind im Großen und Ganzen mit Trump sehr zufrieden - auch viele Katholiken. Weil er es geschafft hat, im großen Stil auf allen Ebenen der Gerichtsbarkeit die Gerichtshöfe mit konservativen Richtern zu besetzen - auch den Obersten Bundesgerichtshof. Darunter sind viele Katholiken, die sich jetzt für Lebensschutz und gegen Abtreibung einsetzen.

Viele religiöse Menschen, seien es evangelikale Protestanten oder Katholiken, sagen: "Der Trump ist mir als Charakter, als Mensch unsympathisch. Aber er tut, was wir wollen, indem er an die entscheidenden Posten die richtigen Richter setzt." Diese Leute werden auch für ihn stimmen.

DOMRADIO.DE: Das heißt, es kann auch sein, dass sich bei den katholischen Wählern das Gewicht zu Trump verlagert?

Brüntrup: Wenn, dann geringfügig. Aber auf jeden Fall kann man nicht sagen, dass er die christlichen Wähler dramatisch verloren hätte, weil er sein Versprechen, was er den Christen gegeben hat, nämlich etwas in puncto Abtreibung und solchen Fragen zu tun - und das geht nur über die Gerichtshöfe - eingehalten hat.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.


Prof. Dr. Godehard Brüntrup SJ (HfPH)
Prof. Dr. Godehard Brüntrup SJ / ( HfPH )
Quelle:
DR