Tag für Tag wirken die Bilder von der Flüchtlings-"Karawane" Richtung USA auf Fox, dem Haussender von US-Präsident Donald Trump, bedrohlicher. Trump warnt vor "Kriminellen" und "Elementen aus dem Nahen Osten", die eine "Invasion" planten. Tatsächlich handelt es sich großteils um Familien, die vor der Gewalt in Honduras, El Salvador und Guatemala gen Norden fliehen und derzeit durch Mexiko ziehen.
Trump spricht von größerer Bedrohung
Einige haben dort bereits eine Bleibe gefunden, andere wollen in den USA Asyl beantragen. Der schrumpfende Flüchtlingstreck ist noch rund tausend Kilometer entfernt und wird bis zu den Zwischenwahlen zum US-Kongress am kommenden Dienstag die Grenze nicht annähernd erreicht haben.
Doch in den Worten des Präsidenten wird die Bedrohung immer größer. Erstmals schickt ein US-Präsident aktive Soldaten an die Grenze. Je näher die Wahlen am 6. November rücken, desto größer wird deren Zahl. Erst waren es 800, dann 5.200 und am Mittwoch schließlich 15.000 GIs.
Die vermeintliche Invasion Krimineller und Terroristen ist so absurd, dass selbst einem Fox-Nachrichtenmann der Kragen platzte. "Es gibt keine Invasion", verkündete Shep Smith mutig.
Staatsbürgerschaft bei Geburt abschaffen
Auf der Zielgeraden vor den "Midterms" an diesem Dienstag zieht Trump alle Register. Dazu gehört auch das nach Ansicht von Experten nicht minder unseriöse Versprechen, die in der Verfassung garantierte Staatsbürgerschaft bei Geburt abzuschaffen. Der scheidende Speaker Paul Ryan erinnerte den Präsidenten daran, man könne "das Geburtsort-Prinzip nicht einfach per Präsidentendekret beenden".
Das trug dem Katholiken aus Wisconsin am Mittwoch eine Breitseite Trumps auf Twitter ein. Ryan sollte sich lieber darum kümmern, "die Mehrheit zu sichern, statt Meinungen zum Staatsbürgerschaft bei Geburt zu äußern, von der er nichts versteht".
Mehrheit der Republikaner steht auf der Kippe
Tatsächlich steht die Mehrheit der Republikaner im Repräsentantenhaus auf der Kippe. Dort fehlen den Demokraten genau 23 Abgeordnete, um wieder eine Bühne für ihre Politik zu bekommen. Im Senat sind es nur zwei. Da aber alle bis auf neun Sitze, die diesmal zur Wahl anstehen, ohnehin von Demokraten gehalten werden, bleibt es dort ungleich schwieriger.
Charlie Cook, Nate Silver und Lary Sabato erwarten wie die meisten Analysten einen knappen Sieg der Demokraten im Repräsentantenhaus und einen Zugewinn der Republikaner im Senat. Beim Verlust eines der beiden Häuser könnte Trump nicht mehr durchregieren. Denn für Gesetze braucht er beide Kammern.
Gleichzeitig würden die Demokraten die Agenda in der jeweiligen Kammer bestimmen, könnten Untersuchungen einleiten und Regierungsmitglieder vorladen. Ein Amtsenthebungsverfahren müsste im Repräsentantenhaus seinen Anfang nehmen. Trump steht zwar auf keinem Wahlzettel, dominiert aber die Kongress- und 36 Gouverneurswahlen. Er hat für die letzten Tage im Wahlkampf elf Kundgebungen in acht Bundesstaaten angesetzt.
Abstimmung über Trumps Amtsführung?
Statt nach den versuchten Terroranschlägen auf die Führer des liberalen Amerika und das schwerste Massaker an Juden in der US-Geschichte den Ton herunterzuschrauben, beschwert sich Trump, sein Schwung sei gestoppt worden. "Wir müssen wieder Tritt fassen", verkündete er nach der Schießerei in der Synagoge von Pittsburg. Wie?
Mit der fortgesetzten Agitation gegen Flüchtlinge, Verschwörungstheorien und Selbstlob für die Bestätigung des Verfassungsrichters Brett Kavanaugh.
Die Demokraten steigen nicht auf die Tiraden Trumps ein. Stattdessen rücken sie die Themen Gesundheit und Alterssicherung in den Vordergrund. Religiöse Themen spielen kaum eine Rolle. Trump zählt auf die evangelikalen Fußtruppen, doch tut er sich auch hier schwer mit der Unterstützung von Frauen.
Demoskopen weisen darauf hin, dass angesichts der geringen Wahlbeteiligung bei "Midterms" - zuletzt lag sie bei 36 Prozent - Umfragen leicht daneben liegen können. Gewiss ist nur, dass diese Zwischenwahlen auch eine Abstimmung über die Amtsführung Trumps wird.