Vor dem Ständigen Rat der Deutschen Bischofskonferenz an diesem Montag setzt sich ZdK-Präsident Thomas Sternberg in einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (Montag) für fünf Reformvorschläge ein, die über die reine Aufarbeitung der Missbrauchsfälle hinausgehen. Um für die Zukunft vorzubeugen, forderte Sternberg "das Aufbrechen klerikaler Führungs- und Leitungsstrukturen", durch einen stärkere Mitwirkung gewählter Laien auf "allen Ebenen der Kirche". Dabei sollte Frauen mehr Bedeutung als bisher zukommen. Zudem sei das ZdK nicht erst seit den Missbrauchsfällen der Überzeugung, "dass die Kirche ihr Verständnis von Sexualität überdenken muss".
Zur Aufarbeitung fordert das ZdK die Einrichtung einer unabhängigen Kommission, die die Fortschritte im Kampf gegen Missbrauch in allen 27 deutschen Diözesen prüft und darüber jedes Jahr einen Bericht veröffentlichen soll. Darüber hinaus sei die Einrichtung einer unabhängigen kirchlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit überfällig.
Untersuchung aller noch nicht verjährter Fälle
"Gesetzgebung und Gerichtsbarkeit dürfen auch in der Kirche nicht länger in einer Hand liegen." Es sei ein Problem des kirchlichen Umgangs mit sexuellem Missbrauch gewesen, dass versucht worden sei, die Fälle innerkirchlich zu regeln. Das ZdK fordert daher eine Untersuchung aller noch nicht verjährten Fälle durch die Staatsanwaltschaft.
Sternberg unterstrich zugleich, es sei gut, dass sich die Bistümer mit der Ende September vorgestellten Studie zum sexuellen Missbrauch "der Problematik" gestellt haben. "Der Forschungsbericht ist im Rahmen seiner Möglichkeiten von großer Offenheit geprägt", sagte der Präsident des katholischen Laiengremiums. "Kein mögliches Problemfeld, insbesondere im Hinblick auf spezifische Problemstellungen in der katholischen Kirche, wird ausgespart."
In der "Studie über sexuellen Missbrauch an Minderjährigen durch Geistliche im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz" hatte das von den Bischöfen beauftragte Forscherteam in den kirchlichen Akten der Jahre 1946 bis 2014 Hinweise auf 3.677 Betroffene sexueller Übergriffe und auf rund 1.670 beschuldigte Priester, Diakone und Ordensleute gefunden. Die Experten gehen zudem von weiteren Fällen aus, die nicht in den Akten erfasst sind.