Debatte um Begriff christliches Abendland entbrannt

"Glaube ist die Seele Europas"

Nachdem sich Kardinal Marx vom Begriff des "christlichen Abendlandes" distanziert hat, hagelte es Proteste. Nun widersprach auch Bischof Voderholzer dem Münchner Erzbischof. Eine Priestergruppe aus Paderborn fordert gar dessen Rücktritt.

Moschee und Kirche (DR)
Moschee und Kirche / ( DR )

Die Debatte um das christliche Abendland ist neu entflammt. Auslöser war Reinhard Kardinal Marx, der auf einer Podiumsdiskussion in einem Berliner Theater über den Begriff "christliches Abendland" sagte: "Davon halte ich nicht viel, weil der Begriff vor allem ausgrenzend ist." Er verkenne die "große Herausforderung, in Europa dafür zu sorgen, dass verschiedene Religionen mit jeweils eigenen Wahrheitsansprüchen friedlich zusammenleben".

Glaube ist "Seele Europas"

Dem widersprach Bischof Rudolf Voderholzer: Angesichts der christlichen Prägung Europas sei es vernünftig, diesen Begriff zu verwenden, sagte der Bischof bei einem Vortrag im oberbayerischen Mindelstetten. Die Deutungshoheit darüber dürfe nicht anderen überlassen werden, "die nationalistische Interessen damit verbinden, die zutiefst einer katholischen Universalität widersprechen".

Der christliche Glaube sei die "Seele Europas", betonte Voderholzer. Dieser trage das Erbe Israels in sich, habe das Beste des griechischen und römischen Geistes in sich aufgenommen und damit "alle Wesensbereiche Europas geprägt". Deshalb habe Europa "zum Ursprungsort der wissenschaftlichen Welterklärung mit den Mitteln der menschlichen Vernunft" werden können und Rechtsstaatlichkeit sowie eine Kultur der Mitmenschlichkeit und Menschenwürde entwickelt.

Auch Feiertagskultur gehöre zu Europa

Zum Fundament Europas gehöre schließlich auch die Feiertagskultur mit dem Sonntag als dem "Urfeiertag Europas". Weit über das kirchliche Anliegen hinaus sei er «ein Kulturgut höchsten Ranges" und als "soziale Einrichtung" schützenswert gegenüber allen Vereinnahmungsversuchen durch die Wirtschaft.

Zu den politischen Debatten um eine Gefährdung dieses Kulturraumes, etwa durch den Islam, sagte Voderholzer, er gehöre zu denen, "die diese Sorgen nicht einfach von der Hand weisen". Mit dem Orientkenner Peter Scholl-Latour behaupte er aber: "Sorgen muss sich Europa nicht machen wegen der Stärke des Islam, sondern wegen seiner eigenen geistigen Schwäche."

Priesterkreis fordert Marx' Rücktritt

Ein Paderborner Priesterkreis, der sich "Communio veritatis" nennt, veröffentlichte am Montag eine Erklärung: "Herr Kardinal Marx! Wir fordern Sie auf, den Vorsitz der Deutschen Bischofskonferenz aufzugeben, weil dieser Begriff eine Ausgrenzung Ihrer Amtsbrüder ist!"

Weiter heißt es: "Wir werfen Ihnen vor, Ihr geistliches Amt zu missbrauchen, indem Sie die Sakramente der Kirche offenkundig als Ihren Privatbesitz ansehen, den Sie beliebig auf dem Altar des Zeitgeistes opfern. Wir weisen die Instrumentalisierung unserer Religion zurück! Sie benutzen diese in verfälschender Verweltlichung zur Verbreitung der linksliberalen politischen Ideologie des Mainstreams." (KNA)


Reinhard Kardinal Marx / © Harald Oppitz (KNA)
Reinhard Kardinal Marx / © Harald Oppitz ( KNA )

Rudolf Voderholzer, Bischof von Regensburg / © Maria Irl (KNA)
Rudolf Voderholzer, Bischof von Regensburg / © Maria Irl ( KNA )
Quelle:
KNA , DR
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