AfD-Politiker verlassen Gedenken für NS-Opfer in Bayern

Knobloch: "Größtmögliche Opposition nötig"

AfD-Abgeordnete haben das Gedenken für NS-Opfer im Bayerischen Landtag verlassen. Grund: Die Rede von Charlotte Knobloch, von der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern. Im Interview fordert sie die Kirchen zu deutlicheren Worten auf.

Leere Stuhlreihen der AfD-Fraktion / ©  Peter Kneffel (dpa)
Leere Stuhlreihen der AfD-Fraktion / © Peter Kneffel ( dpa )

DOMRADIO.DE: Frau Knobloch, während Ihrer Rede am heutigen Mittwoch im Bayerischen Landtag ist ein Großteil der AfD-Fraktion aufgestanden und hinausgegangen. Was haben Sie in dem Moment gedacht?

Charlotte Knobloch (Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern): Das ist ja eigentlich nichts Neues. Die AfD nutzt Parlamente überall als Bühne für sich. Leider inzwischen auch im bayerischen Landtag. Die Reaktion war erwartbar und ist ja schon des Öfteren in den Landtagen in unserem Land durchgeführt worden.

DOMRADIO.DE: Sie kritisieren in Ihrer Rede die AfD als "Partei, die ihre Politik auf Hass und Ausgrenzung gründet und nicht auf dem Boden der Verfassung steht". Natürlich sind ja die AfD-Abgeordneten im Bayerischen Landtag demokratisch gewählt. Wie geht man damit um? Vielleicht einfach ignorieren?

Knobloch: Ich glaube, dass wir eine gute Linie in den gesetzlichen Vorschriften haben, so wie sie vorhanden sind. Es ist wichtig für mich, beim Gedenken an die Opfer von damals Position bezogen zu haben. Gedenken heißt nämlich auch für Demokratie einzustehen. Und ich habe mich sehr über die unterstützende Reaktion der demokratischen Fraktionen im Landtag gefreut.

Mir ist es vor allem wichtig, dass das Engagement weitergeht. Es muss noch sehr viel mehr passieren – über den heutigen Tag hinaus. Ich erwarte noch Unterstützung von gesellschaftlichen Akteuren wie Parteien, aber auch von Gewerkschaften und Kirchen.

DOMRADIO.DE: Laut einem aktuellen Eurobarometer einer Studie der EU-Justizkommissarin schätzen zwei Drittel der Deutschen, dass Antisemitismus in Deutschland ein Problem ist und die Anfeindungen gegenüber Juden zunehmen. Finden Sie, dass die katholische Kirche laut genug ist gegen Antisemitismus und Rechtspopulismus?

Knobloch: Die Kirchen haben sich nach jahrhundertelangem Antisemitismus gut und glaubhaft davon abgelöst. Kleinere Unstimmigkeiten bleiben natürlich, zum Beispiel der Aufsatz von Benedikt XVI. zum Verhältnis zum Judentum. Aber ich freue mich sehr, dass viele Kirchenvertreter eine klare Haltung gegen den Judenhass zeigen. Ich wünsche mir natürlich auch noch mehr Engagement im Hinblick etwa auf den ansteigenden Antisemitismus, der ja wirklich einen Umfang angenommen hat, den ich mir nie vorgestellt habe.

Bei der AfD ist die größtmögliche Opposition nötig! Und das gilt natürlich auch für die Kirchen. Und da ist eine deutliche Anweisung von oben nach unten nötig, Stellung zu beziehen gegen antidemokratische und antisemitische Bewegungen. Das fehlt mir in dieser Deutlichkeit bislang noch des Öfteren.

DOMRADIO.DE: Also sollen die Kirchen noch deutlicher werden?

Knobloch: Die Kirche hat ja die Möglichkeit, die Menschen zu informieren und das erwarte ich von den Kirchen.

DOMRADIO.DE: Sie haben ja schon sehr viele Gedenkveranstaltungen erlebt. Haben Sie einen solchen Abgang in dieser Qualität schon einmal mitbekommen?  

Knobloch: Die AfD ist ja erst in den bayerischen Landtag eingezogen und deswegen habe ich heute die Gelegenheit gehabt, mich zu diesem Thema zu äußern – was die AfD betrifft. Und das habe ich natürlich auch getan.  

Das Interview führte Beatrice Steineke.


Knobloch auf der Münchner Sicherheitskonferenz / © Matthias Balk (dpa)
Knobloch auf der Münchner Sicherheitskonferenz / © Matthias Balk ( dpa )
Quelle:
DR