Am Sonntag erhielt Kosslick der Ehrenpreis der Ökumenischen Jury, wie die Deutsche Bischofskonferenz mitteilte. Der Vorsitzende der Publizistischen Kommission der Bischofskonferenz, Bischof Gebhard Fürst, erklärte, nach 18 Jahren ende mit Kosslicks Rückzug "eine Ära".
Fürst würdigte die gesellschaftliche Funktion der Medien. Niemand könne "alle Sachverhalte selbst prüfen, um so ein wahrheitsgetreues Bild von der Wirklichkeit zu gewinnen, sondern wir brauchen dazu Vermittler", sagte der Bischof von Rottenburg-Stuttgart.
"Ein bewusstes Zeichen"
Der Fall des ehemaligen "Spiegel"-Reporters Claas Relotius habe "das Vertrauen in den Qualitätsjournalismus beschädigt", so Fürst. Die Bischofskonferenz habe "ein bewusstes Zeichen gesetzt", als sie Relotius den Katholischen Medienpreis aberkannt habe, "weil sie erfundenen Falschmeldungen keinen Vorschub leisten möchte". Relotius hatte Geschichten manipuliert und teilweise erfunden.
Das Kino spiele in diesem Zusammenhang eine besondere Rolle, sagte Fürst weiter. "Der Film arbeitet mit der Fiktion, die den Zuschauer nicht täuscht, keinen Wahrheitsanspruch erhebt, aber dennoch wahrhaftig sein kann." Wer ins Kino gehe, lasse vorübergehend "die sogenannte wirkliche Welt" und die Netzwerke hinter sich, um sich einer anderen Wahrnehmungsform zu überlassen.
Kino in der Krise
Der Kulturbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Johann Hinrich Claussen, erklärte, das deutsche Kino befinde sich in einer Krise. Diese habe nicht nur wirtschaftliche oder technologische Ursachen: "Es gibt gezielte Angriffe von Rechtsextremen gegen Kulturschaffende, auch aus der Welt des Films." Es brauche mehr Solidarität, denn das Kino könne einen "Beitrag für eine demokratische Kultur" leisten.
Die Präsidentin von Interfilm, Julia Helmke, dankte Kosslick für seinen Einsatz. Die Berlinale habe sich unter ihm auch zu einem politischen Festival entwickelt. "Man erkennt vielleicht erst heute, nach der Erschütterung zahlreicher politischer, moralischer und kulturell-kommunikativer Gewissheiten, den Wert und die Bedeutung dieser entschiedenen Positionierung." Die Ökumenische Jury wird von den Filmorganisationen Interfilm und Signis getragen.
Beim Empfang wurde auch die diesjährige Ökumenische Jury vorgestellt. Präsidentin ist die Medienwissenschaftlerin Anna Grebe.
Bischof Fürst würdigt Missbrauchsdrama
Medienbischof Gebhard Fürst hat das französische Missbrauchsdrama "Grâce à Dieu" von Francois Ozon gewürdigt. "Den Blick darauf zu werfen, ist unbestreitbar schmerzhaft, aber wir haben uns seitens der katholischen Kirche für den Weg der rückhaltlosen Aufklärung entschieden", sagte der Vorsitzende der Publizistischen Kommission der Deutschen Bischofskonferenz am Sonntag in Berlin. Der Film, der am Freitag auf der Berlinale gezeigt wurde, befasst sich auf fast dokumentarische Art mit priesterlichem Missbrauch in Frankreich.
Es sei "wichtig, dass ein Festival wie die Berlinale uns mit allen Facetten der Wirklichkeit konfrontiert, auch mit den dunklen Seiten", betonte Fürst. "Dafür möchte ich ausdrücklich danken." Die Bischofskonferenz müsse "die realen Probleme hier in Deutschland lösen", fügte der Bischof von Rottenburg-Stuttgart hinzu. "Aber damit wir uns ein Bild machen können, was Missbrauch bedeutet, vor allem für die Opfer, sind auch Filme wichtig, die hier Impulse geben."