Der Oberste Gerichtshof Indiens hat unter Verweis auf den Naturschutz die Vertreibung von Millionen indischen Ureinwohnern aus ihren Siedlungsgebieten in Wäldern angeordnet. Betroffen seien Indigene in 16 indischen Bundesstaaten, die über keine verbrieften Landrechte verfügten, berichtete die "Times of India" am Freitag.
Mit dem Urteil gaben die Richter Anträgen indischer Naturschutzverbände statt, das indische Forstgesetz für ungültig zu erklären. Das Gesetz garantierte Menschen, die in indischen Wäldern und Schutzgebieten leben, Rechte auf ihr angestammtes Land.
Entscheidung betrifft 1,1 Millionen Haushalte
Nach Angaben des Hilfswerks Survival International betrifft die Entscheidung mehr als 1,1 Millionen Haushalte, wobei davon auszugehen sei, dass dadurch mehr als acht Millionen Menschen vertrieben würden. Als Frist setzte das Gericht in Neu Delhi den 24. Juli.
"Diese Entscheidung ist ein Todesurteil für Millionen Indigene in Indien, Landraub in epischem Ausmaß und eine monumentale Ungerechtigkeit", kritisierte Stephen Corry, Direktor von Survival International. "Sie kann zu großem Elend, Verarmung, Krankheit und Tod führen und direkt in eine humanitäre Krise. Und es wird nicht helfen, die Wälder zu retten, die von den Indigenen doch seit Generationen geschützt wurden."
Entsetzung nach Entscheidung
Betroffene und Juristen reagierten entsetzt auf die Entscheidung. Die indische Regierung habe es versäumt, das Forstgesetz und die Rechte der indigen Waldbewohner vor Gericht zu verteidigen, hieß es. "Die britischen Kolonialherren haben in ihrer 190 Jahre währenden Herrschaft niemals Stammesangehörige und Waldbewohner von Heim und Herd vertrieben. Es wäre eine nationale Schande und Blamage, wenn das im unabhängigen Indien geschehen würde", kommentierte der Jurist Shiv Basant die Entscheidung auf Facebook.
Laut der Volkszählung 2011 beträgt die Zahl der Ureinwohner 104 Millionen. Zusammen mit den Dalit - den sogenannten "Unberührbaren" - gehören die Ureinwohner zu der ärmsten Bevölkerungsgruppe Indiens.