Die von der FDP im Bundestag angestoßene Debatte um eine Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen wird in den Bundesländern mit großer Zurückhaltung betrachtet. Wie eine Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) unter den Landesregierungen ergab, sind einige Länder zwar grundsätzlich offen für Gespräche. Aus vielen Staatskanzleien und Ministerien heißt es zugleich aber auch, es werde kein Handlungs- oder Änderungsbedarf gesehen.
In Sachsen hieß es etwa, die bestehenden Vereinbarungen hätten sich bewährt. In Brandenburg erklärte ein Sprecher des Kulturministeriums, für ein Ablösegesetz werde "keine Notwendigkeit gesehen".
Manche Länder befürworten Ablösung
Im Saarland zeigten sich die Regierungsfraktionen von CDU und SPD grundsätzlich offen für eine Ablösung. In Sachsen-Anhalt teilte Regierungssprecher Matthias Schuppe mit, dass eine Lösung "begrüßenswert" wäre. Zugleich wurde jeweils betont, dass dafür im Gespräch mit den Kirchen eine einvernehmliche Lösung gefunden werden müsse.
Auch die nordrhein-westfälische Landesregierung unterstrich, sie lege "großen Wert darauf, dass die Erörterung einer Ablösung von Staatsleistungen im partnerschaftlichen Miteinander von Staat und Kirche vorgenommen wird".
Warum die Kirche Geld vom Staat bekommt
Die Staatsleistungen an die Kirchen gehen auf die Enteignung und Säkularisierung kirchlicher Güter im Zuge der Reformation und vor allem durch den sogenannten Reichsdeputationshauptbeschluss von 1803 zurück. So erhielten zahlreiche deutsche Reichsfürsten für Gebietsverluste auf der linken Rheinseite Kirchengüter auf der rechten Rheinseite als Entschädigung. Die Fürsten verpflichteten sich im Gegenzug, den Kirchen regelmäßige Dotationen zu gewähren und etwa die Besoldung und Versorgung etlicher katholischer und evangelischer Würdenträger sicherzustellen.
Diese Verpflichtung gilt bis heute, denn dieser Passus wurde auch ins Grundgesetz übernommen.
Ablösung wäre "extrem teuer"
Für eine Ablösung müsste der Bund ein sogenanntes Grundsätzegesetz verabschieden, für das sich der FDP-Politiker Stefan Ruppert im Bundestag einsetzt. Die konkreten Verhandlungen müssten aber die Länder mit den Kirchen führen. Eine Ablösung etwa in Form einer Einmalzahlung hätte bei ihnen voraussichtlich deutliche finanzielle Auswirkungen.
Es würde "extrem teuer", hieß es etwa aus der niedersächsischen Staatskanzlei. Eine Sprecherin des bayerischen Kultusministeriums sagte, angesichts der zu erwartenden Höhe der Ausgleichsbeträge sehe man derzeit "keine realistische Option" für eine Ablösung.
Hintergrund: Kirchensteuer
In Deutschland haben die Kirchen das von der Verfassung gesicherte Recht, von ihren Mitgliedern Abgaben (Kirchensteuern) zu erheben. Diese Steuer ist die wichtigste Finanzquelle zur Wahrnehmung kirchlicher Aufgaben in Seelsorge, Bildung und Sozialwesen. Die Höhe richtet sich in der Regel nach der Einkommenssteuer. Die Kirchensteuer wird vom Staat eingezogen; er erhält für diese Dienstleistung rund drei Prozent des Gesamtaufkommens.
Die jährlichen Kirchensteuereinnahmen der katholischen Kirche übertreffen seit Mitte der 1980er Jahre die der Evangelischen Kirche in Deutschland. 2016 betrugen die Kirchensteuereinnahmen rund 6,146 Milliarden Euro für die katholische und 5,454 Milliarden Euro für die evangelische Kirche.