Sie wirkt grau und ein wenig plump. Von außen betrachtet, ist die sogenannte «Bunkerkirche» in Düsseldorf-Heerdt wahrlich keine Schönheit. Für die örtliche koptische Gemeinde spielt das keine Rolle - sie hat in dem früher katholischen Gotteshaus eine neue Heimat gefunden. Die bewegte Geschichte dieser einzigartigen Kirche erhält damit ein weiteres Kapitel. Das Oberhaupt der koptisch-orthodoxen Christen, Koptenpapst Tawadros II., reist am Sonntag persönlich an, um das Gotteshaus als koptisch-orthodoxe Kirche zu weihen.
Mehr als 12.000 Kopten leben nach Angaben des in Höxter residierenden koptisch-orthodoxen Bischofs Anba Damian derzeit in der Bundesrepublik - mehr als doppelt so viele wie noch vor sechs Jahren. Der Konflikt im Nahen Osten, Verfolgung und Diskriminierung trieben viele Kopten in die Flucht. "Die Menschen haben hier in Deutschland Schutz gesucht, unsere Gemeinden sind deutlich gewachsen, neue sind entstanden", so Bischof Damian.
Rund 1.000 koptische Familien
Im Raum Düsseldorf wohnen derzeit rund 1.000 koptische Familien. 2010 seien es etwa 400 gewesen, so die örtliche Gemeinde. Die Folge: Das zuvor von den Kopten genutzte Gotteshaus in Düsseldorf-Gerresheim platzte aus allen Nähten. Auf der Suche nach einer neuen religiösen Heimat wurde die Gemeinde in Heerdt fündig. Bereits im Oktober 2017 wollte Tawadros II. die "Bunkerkirche" als koptisch-orthodoxe Kirche weihen, musste damals aber aus gesundheitlichen Gründen absagen. Nun holt er die Zeremonie nach.
Auf Initiative des Düsseldorfer Pfarrers Michael Dederichs hatte der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki den Kopten die Kirche Sankt Sakrament geschenkt. Damit habe "dieses einmalige Gotteshaus eine Zukunft als christliche Kirche", so Dederichs. Der Kirchenbau entstand aus einem von den Nazis errichteten Bunker.
Grundform einer Kirche aus Tarnungsgründen
Vor fast 70 Jahren, am 30. Oktober 1949, wurde das Gotteshaus vom damaligen Kölner Kardinal Josef Frings geweiht. Die Geschichte der Kirche geht jedoch auf das Jahr 1926 zurück. Damals wurde die Pfarrei gegründet. Man kaufte ein Grundstück, um Pläne für einen Kirchenneubau zu verwirklichen. Weil das Geld fehlte, wurde daraus zunächst aber nichts.
Im Jahr 1940 beschlagnahmten die Nationalsozialisten das Grundstück und begannen mit dem Bau eines Luftschutzbunkers vom Typ "LS 13". Aus Tarnungsgründen gab man dem Betonbau die Grundform einer Kirche. Der große Luftschutzbunker mit über einen Meter starken Außenmauern bestand aus vier Etagen und war in zahlreiche, sieben Quadratmeter große Zellen aufgeteilt. Der Plan der Nazis ging auf: Die Bomber verschonten den kirchenförmigen Bunker. Noch heute zeugen allerdings Einschusslöcher im Kirchturm von der bewegten Vergangenheit des Gemäuers.
Nach Kriegsende setzte sich der damalige Pfarrer Carl Klinkhammer dafür ein, den Bunker in eine wirkliche Kirche umzubauen. Der als "Ruhrkaplan" bekannte Geistliche hatte wegen seiner mutigen politischen Predigten während des Krieges im Gefängnis gesessen.
1949 wurde die Kirche schließlich geweiht
Trotz Schwierigkeiten bei der Genehmigung wurde 1947 mit dem Umbau begonnen. Mit Hilfe der Gemeinde wurden Zwischendecken und Wände entfernt und Löcher für die Fenster in den Bunker gesprengt.
1949 wurde die Kirche schließlich geweiht. Mehr als 45 Jahre später, im Jahr 1995, war aber aus der stabilen Kirche ein Sanierungsfall geworden. Die Decke, die aus 2,70 Meter starkem Stahlbeton bestand, zeigte Risse. Das Gotteshaus wurde umfassend renoviert, ein Satteldach errichtet.
Auch die Kopten legten noch einmal Hand an und errichteten eine Ikonostase, eine in orthodoxen Kirchenbauten übliche Bilderwand vor dem Altarraum. Dass sich die Gemeinde trotz des etwas plumpen Äußeren in ihrer Bunkerkirche wohlfühlen wird, steht laut Erzpriester Boulos außer Frage: "Das Äußere ist für uns nicht wichtig. Wir spüren die innere Schönheit der Kirche."