DOMRADIO.DE: In der ungarischen Hauptstadt Budapest haben sich 200 Experten zur Kinderschutzkonferenz getroffen, um über Prävention und Umgang mit sexuellem Missbrauch in der Kirche zu beraten. Einer der Hauptredner war Pater Hans Zollner, von der Päpstlichen Universität in Rom. Der Vorsitzende der Ungarischen Bischofskonferenz, Andras Veres, hatte im Vorfeld davon gesprochen, dass das Problem in Ungarn nicht so virulent sei, wie anderswo. Der Anteil an Missbrauchsfällen in der Kirche sei sehr klein. Stimmt das?
Pater Hans Zollner (Direktor des Zentrums für Kinderschutz an der Gregorianischen Päpstlichen Universität in Rom): Ja, das können wir noch nicht wissen. Es ist natürlich richtig, dass zum jetzigen Zeitpunkt die Zahlen sehr gering sind. Ich habe vorhin auch noch mit dem Generalsekretär der Bischofskonferenz gesprochen. Soweit die bisher wissen, sind die Zahlen im Verhältnis deutlich geringer als in anderen Ländern. Dazu muss man sagen, dass es natürlich auch in jenen Ländern lange so war, dass nicht genügend Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit für dieses Thema da war. Insofern stimmt es für den jetzigen Zeitpunkt. Für die Zukunft wird man sehen müssen, ob sich das bestätigt.
DOMRADIO.DE: Bei der Konferenz am Freitag ging es um die Frage, wie katholische Institutionen im Bereich des Kinder- und Jugendschutzes zusammenarbeiten können. Was ist für Sie das wichtigste Ergebnis dieses Treffens?
Zollner: Das Wichtigste ist erstens, dass dieses Treffen überhaupt stattgefunden hat. Es ist für ein Land wie Ungarn in Zentral- und Osteuropa wirklich ein wichtiger und richtiger Schritt nach vorne, dass sich Menschen, die mit Jugendlichen zu tun haben zu diesem Thema zusammenfinden und dies auch noch mit einem sehr breiten Programm tun und zwar mit Leuten, die in diesem Feld nicht nur informiert sein wollen, sondern auch notwendigerweise für das, was in diesem Land zum Kinderschutz gemacht wird, Verantwortung tragen. Zweitens, dass man verschiedene, gesellschaftliche und kirchliche Kräfte hier einbindet, die schon seit einiger Zeit sich für das Thema interessieren und zum Teil auch mit unserem Kinderschutzzentrum an der Gregoriana zusammenarbeiten oder auch in Zukunft zusammenarbeiten wollen und sich damit auch der wissenschaftlich fundierten Arbeit in diesem Feld stellen. Und drittens: Es gibt ein großes Signal nach außen, weil auch die Presse hier deutlich Interesse gezeigt hat und wir ein langes Pressegespräch führen konnten. Das wird ein Thema sein, das hier tatsächlich auch noch Wellen schlägt.
DOMRADIO.DE: Es hat schon mehrere Konferenzen mit dem Ziel über Prävention und Aufklärung zu sprechen gegeben. Die Opfer sind skeptisch, inwiefern das auf lokaler Ebene auch tatsächlich umgesetzt wird. Zu Recht?
Zollner: Man wird sehen müssen, was es hier bewegt. Ich habe jedenfalls den Eindruck, dass sie sehr ernsthaft über alle Bereiche nachdenken und natürlich auch, dass die Betroffenen zu Wort kommen und wie sie ihre Anliegen einbringen können. Das ist durchaus angesprochen worden und es geschieht ja auch schon, auch wenn es im kleineren Maß geschieht und sicherlich auch nicht in der großen Öffentlichkeit bekannt wird. Aber auch Journalisten haben mir von ihren Kontakten berichtet. Insofern gehe ich davon aus, dass das auf dem Weg ist.
Das Interview führte Uta Vorbrodt.