Unesco erklärt Ruinen von Babylon zum Weltkulturerbe

Das New York der Antike

Künftig sind die Ruinen von Babylon Weltkulturerbe. Deutsche Archäologen gehörten seit Ende des 19. Jahrhunderts zu den Pionieren der dortigen Ausgrabungen. Das berühmte Ischtar-Tor haben sie nach Berlin mitgenommen.

Autor/in:
Christoph Arens
Unesco-Hauptquartier in Paris / © Christophe Petit Tesson (dpa)
Unesco-Hauptquartier in Paris / © Christophe Petit Tesson ( dpa )

Sie war das New York der Antike. In Babylon wurden viele Grundlagen der abendländischen Kultur gelegt - vom Recht bis zur Mathematik und von der Schrift bis zur Astronomie.

Die Stadt der Könige Hammurabi I. (1792-1750 vor Christus), Nebukadnezar II. (etwa 604 bis 562 vor Christus) und Alexanders des Großen (356-323 vor Christus) beflügelt die Fantasie; sie galt als eine der wichtigsten geistigen und wirtschaftlichen Zentren ihrer Zeit. Ihre Blütezeit lag zwischen 1.800 vor und 100 nach Christus.

Gleichzeitig wurde die Metropole am Euphrat, 80 Kilometer vom heutigen Bagdad entfernt gelegen, das Synonym für Sünde, Laster, Gewalt und Größenwahn. Die Bibel berichtet vom Turmbau zu Babel und dämonisiert die Stadt als Beispiel für die Hybris des Menschen, der meint, aus eigener Kraft gottgleich zu werden. "Sünden-Babel", so wurde Babylon auf eine Stufe mit Sodom und Gomorrha gestellt. Die erfolgreiche TV-Serie "Babylon Berlin" spielt mit diesem Mythos.

Überreste Babylons zum Weltkulturerbe erklärt

Nun hat das in Aserbaidschans Hauptstadt Baku tagende Welterbekomitee der Weltkulturorganisation Unesco die antiken Überreste Babylons zum Weltkulturerbe erklärt. Erhalten geblieben sind Überreste der Außen- und Innenmauer der Stadt sowie die mit Ziegeln gepflasterte Prozessionsstraße, die die Heiligtümer und die Paläste verband.

Zu sehen sind auch Ruinen des aus Ziegeln und Gips erbauten Hauptpalastes von Nebukadnezar. Er war der babylonische König, der Judäa eroberte, Jerusalem und den Tempel zerstörte und das jüdische Volk in das babylonische Exil führte. Vom legendären Turm zu Babel ist noch das Fundament erhalten. Das zweite Weltwunder der Stadt, die hängenden Gärten der Semiramis, sind gänzlich verschwunden.

Massiv gelitten haben die antiken Stätten von Babylon in den Kriegen seit Beginn der 90er Jahre. Von April 2003 bis Dezember 2004 nutzten die Invasionstruppen der USA und Polens die uralte Stadt als Militärlager - und verursachten dabei nach Angaben des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) massive Schäden. Auch Kunsträuber und Plünderer profitierten von den Kriegen.

Ein ganz anderes Kapitel sind die Kunstschätze, die bei archäologischen Ausgrabungen seit dem 19. Jahrhundert entdeckt und in andere Länder gebracht wurden. Das 2.600 Jahre alte Ischtar-Tor mit den glasierten blauen Ziegeln und den Symboltieren babylonischer Götter etwa gehört zu den Highlights der Berliner Museumsinsel.

Der Weg des Tores nach Berlin

Dass das Tor von Babylon nach Berlin kam, hat einen Grund: 1899 begann der deutsche Archäologe Robert Koldewey die Grabungen an der antiken Stätte. Die neu gegründete "Deutsche Orient-Gesellschaft" und Kaiser Wilhelm II. finanzierten die Ausgrabungen, um das internationale Prestige des Kaiserreichs zu erhöhen und Augenhöhe mit den britischen und französischen Archäologen herzustellen.

18 Jahre lang war Koldewey mit seinem Grabungsteam und den einheimischen Arbeitskräften mit den Ausgrabungen beschäftigt. Die Berliner Autorin Kenah Cusanit hat ihm mit ihrem Anfang 2019 erschienenen Roman "Babel" ein ironisches Denkmal gesetzt. Sie beschreibt das Konkurrenzdenken und den Größenwahn der Archäologen, das mühsame Leben an der heißen und staubigen Ausgrabungsstätte und das ungläubige Erstaunen der christlichen Welt, dass es den biblischen Turm von Babel tatsächlich gegeben habe.

Koldewey wandte erstmals im Vorderen Orient neue Ausgrabungsmethoden an: Anstatt der senkrechten Schnitte ließ er die Erde und den zerbröckelten Ziegelschutt nun horizontal abtragen. 1917 lagen die Hauptmonumente frei. Die glasierten Steine am Ischtar-Tor wurden systematisch abgelöst und in Kisten eingelagert, bis sie 1927 nach Berlin transportiert wurden.

Zuerst fand Koldewey die vom griechischen "Vater der Geschichte" Herodot (484-425 v. Chr.) beschriebene Festungsmauer. Herodot hatte das Babylon Nebukadnezars als ein riesiges Viereck beschrieben, dessen Fläche rund 500 Quadratkilometer betrug - für eine antike Stadt ein riesiges Ausmaß. Das heutige Berlin umfasst 892 Quadratkilometer.


Die Reste des Ischtar-Tors der antiken archäologischen Stätte Babylon / © Hussein Faleh (dpa)
Die Reste des Ischtar-Tors der antiken archäologischen Stätte Babylon / © Hussein Faleh ( dpa )

Mosaik-Detail des Ischtar-Tores auf der Berliner Museumsinsel / © 360b (shutterstock)
Mosaik-Detail des Ischtar-Tores auf der Berliner Museumsinsel / © 360b ( shutterstock )
Quelle:
KNA