DOMRADIO.DE: Sie wünschen sich, dass die Menschen sich gegen die Atomwaffen zusammentun und auf die Straße gehen. Doch die Proteste in Büchel zuletzt eher kleiner geworden…
Margot Käßmann (Theologin und ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland): Es ist deutlich, dass die Friedensbewegung zurzeit kleiner ist. Aber wir können sagen, dass heute hier in Büchel 800 Menschen sind. Das finde ich schon mal sehr schön. Es sind evangelische Landeskirchen vertreten, Pax Christi ist vertreten, aber auch der Versöhnungsbund oder die Friedensinitiative Hunsrück. Das heißt: Es sind Menschen aus der Kirche und Menschen aus säkularen Vereinigungen hier, die sich für den Frieden engagieren.
DOMRADIO.DE: Welche Botschaft wollen Sie heute mit ihrer Predigt vor dem Hauptort des Fliegerhorsts setzen?
Käßmann: Ich werde darauf eingehen, dass im Lukasevangelium steht: "Richte unsere Füße auf den Weg des Friedens." Ich wünsche mir das: dass wir endlich ein Ende der Atomwaffen haben. Gerade die Aufkündigung des Atomwaffensperrvertrages ist für uns alle eine Gefährdung. Es könnten dann ja auch aus Büchel Atomwaffen eingesetzt werden. Das wäre unverantwortlich horrend. Ich war einmal in Hiroshima. Wer die Zerstörung der Bombe damals vor Augen hat, kann sich nicht vorstellen, dass diese 20 Bomben, die hier - unbestätigt, aber doch sehr wahrscheinlich - lagern, eine x-fache Kraft der Hiroshima-Bombe von damals haben.
DOMRADIO.DE: Vielmehr scheinen die Atombomben in Büchel auch Teil einer Abschreckungspolitik zu sein. Es gab aber auch schon recht prominente Politiker, die sich für die Abrüstung ausgesprochen haben, zum Beispiel Martin Schulz, Heiko Maas und Andrea Nahles. Und doch ist bisher nichts passiert. Warum?
Käßmann: Ich denke das liegt daran, weil es Teil der Nato-Strategie ist, dass Atomwaffen auch in Ländern von Nato-Partnern lagern, die selbst keine eigenen Atomwaffen besitzen. Es ist Teil dieser Strategie, die weitergefahren wird und ich finde es gut, dass wir uns gegen diese Strategie wehren. Massenvernichtungsmittel sind nicht verantwortbar.
DOMRADIO.DE: Sie versuchen es heute also mit Worten, Aktivisten versuchen es mit Taten. Immer wieder wurde der Zaun des Geländes durchgeschnitten oder Aktivisten kletterten drüber, auch um zu zeigen, wie einfach man auf dieses Militärgelände kommt. Wer wird denn schneller ans Ziel kommen: die Worte oder die Taten?
Käßmann: Ich bin absolut gegen Gewalt, sowohl gegen Personen als auch gegen Sachen. Aber wenn es fröhliche und friedliche Aktionen sind, die hier den Zaun überschreiten, dann finde ich das auch zeichenhaft. Das zeigt, wie verletzlich diese ganzen Systeme sind. Sicher sind Atombomben auf gar keinen Fall. Ich bin eine Frau des Wortes und ich hoffe, dass Menschen überzeugen können. Ich werde nicht müde werden, mich für den Frieden und für Pazifismus einzusetzen.
Das Interview führte Beatrice Steineke.