DOMRADIO.DE: Ein besonderer Tag also für Sie. Heute ist es so weit: Pater Richard Henkes SAC. Er ist der einzige Deutsche, der in diesem Jahr seliggesprochen wird – und der erste im Bistum Limburg überhaupt! Was bedeutet das für Sie im Bistum Limburg?
Stephan Schnelle (Pressesprecher des Bistums Limburg): Wir freuen uns sehr auf diesen Tag. Wir haben lange darauf hingearbeitet und sind natürlich auch stolz, dass ein Mann aus dem Westerwald, aus Ruppach-Goldhausen heute von Kardinal Koch selig gesprochen wird. Wir sind begeistert darüber, dass das Lebenszeugnis von Henkes so wahrgenommen wird und auch heute noch vielen etwas sagen kann.
DOMRADIO.DE: Kurt Kardinal Koch aus Rom wird als Vertreter des Papstes heute um 14 Uhr die Eucharistiefeier begehen und Pater Henkes selig sprechen. Was wird heute am Limburger Dom los sein?
Schnelle: Wir rechnen mit 2.000 Leuten, die heute nach Limburg kommen und dort mitfeiern werden. Der Dom ist wunderschön, aber er hat wenig Sitzplätze: etwa 500. Deswegen haben wir natürlich viel Infrastruktur geschaffen. Wir haben die Domplatte bestuhlt. Wir machen eine Übertragung ins Internet, damit an möglichst vielen Orten die Seligsprechung mitgefeiert werden kann. Das hat uns natürlich die letzten Tage beschäftigt: Da sind meterlange Kabel verlegt worden, nochmal WLAN-Signale installiert, damit auch alles klappt. Wir hoffen, dass dann um 14 Uhr wirklich alles steht – nicht nur die WLAN-Verbindungen sondern, dass Kardinal Koch dann die Seligsprechung auch feierlich vornehmen kann.
DOMRADIO.DE: Erwarten Sie viel Besuch?
Schnelle: Der Pater Henkes war ein Brückenbauer. Er hat sich sehr für Völkerverständigung eingesetzt. Deswegen freuen wir uns sehr, dass viele Bischöfe aus der Weltkirche da sind, viele Bischöfe aus Tschechien und Polen, wo er gewirkt hat und sich besonders für die Verständigung eingesetzt hat. Wir haben eine Gruppe aus einer tschechischen Diözese, die mit 300 Leuten angereist ist. Da freuen wir uns natürlich, haben Sitzplätze für sie im Dom und sie können auch Teile der Liturgie auf Tschechisch mitverfolgen.
DOMRADIO.DE: Eine Seligsprechung können Sie nicht einfach beantragen. Sie geschieht auch nicht von heute auf morgen. In diesem Fall, bei Pater Henkes, ging es aber doch relativ zügig.
Schnelle: Es hat schon einige Jahrzehnte gedauert. Man hat unmittelbar in den Fünfzigerjahren das Zeugnis von Henkes gesehen und hat überlegt: Ist das nicht ein Seliger der Kirche? Irgendwann kam dann Ende der 90er Jahre nochmal aus Polen und Tschechien der Wunsch: "Mensch, ihr habt den Pater Henkes. Er ist uns sehr wichtig. Bischof von Limburg, also Bischof Kamphaus, bitte bringt diese Seligsprechung nochmal auf den Weg. Bitte mach dich nochmal für unser Anliegen stark." Dann wurde das lange geprüft und jetzt ist es endlich soweit. Seit Weihnachten wissen wir, dass der Papst dem Zeugnis der Seligsprechung zugestimmt hat. Dann hatten wir wirklich diese Zeit, um das vorzubereiten und Pater Henkes bekannt zu machen – im Bistum und darüber hinaus.
DOMRADIO.DE: Im Konzentrationslager Dachau hat sich Pater Henkes einschließen lassen, um bei den typhuskranken Menschen zu sein und seelsorgerisch für sie da zu sein. Nennen Sie das ein Martyrium?
Schnelle: Auf jeden Fall. Es gibt auch andere, die ein ähnliches Schicksal geteilt haben. Aber dieses bewusste Sich-für-andere-einsetzen, das Sich-nicht-wegducken und zu sagen: Das, was hier passiert ist Unrecht. Er wusste natürlich, was Typhus heißt. Ihm war auch klar, dass er das wahrscheinlich von seiner Gesundheit her nicht überleben will. Er hat freiwillig gesagt: Das ist der Einsatz für andere, den ich für die Völkerverständigung zwischen den Tschechen und den Deutschen setze. Das ist das Zeugnis, das heute auch gefeiert wird.
DOMRADIO.DE: Was bedeutet überhaupt selig? Und was sagt uns das Selige heute?
Schnelle: Ich glaube er hat viele Anknüpfungspunkte. Er war sehr gradlinig, er war ein sehr freiheitsliebender Mensch, dem Freiheit und Unabhängigkeit auch gedanklich sehr wichtig war. Ich glaube, da kann er uns heute – aktueller denn je – ein Beispiel geben mit seinem Einsatz für Toleranz, für Völkerverständigung, für das Denken über Grenzen Ländergrenzen hinweg, das Abbauen von Barrieren im Zusammenleben – all das ist wirklich beispielhaft. Deswegen ist die Seligsprechung heute ein großer Punkt und auch eine Wertschätzung für sein Leben und Wirken. Selig an sich sagt ja, dass der Papst und die Kirche anerkennen, dass ein Leben beispielhaft war. Aus dem Glauben heraus ist Großes entstanden. Der Unterschied zwischen Seligsprechung und Heiligsprechung liegt darin, dass jemand bei einer Heiligsprechung universal anerkannt wird. Bei einer Seligsprechung ist er nicht weniger heilig – aber er ist selig und wird in der Ortskirche von Limburg und bei den Pallottinern ganz besonders verehrt. Das ist der große Unterschied.
DOMRADIO.DE: Was aus dem Leben von Pater Henkes seinem Leben finden Sie persönlich am spannendsten?
Schnelle: Er war ein eher schüchterner Student und Seelsorger und ist dann gereift. Von einem schüchternen Menschen wurde er dann zu jemandem, der gesagt hat, wofür er steht, zu jemandem, der für die Freiheit und für Wahrhaftigkeit gekämpft hat. Das hat mich schon sehr beeindruckt. "Einer muss da sein, es zu sagen" ist das Leitwort unserer Seligsprechung. Er hat nicht geschwiegen. Ich glaube wir brauchen heute mehr Leute, die nicht schweigen und den Mainstream mitmachen. Die aus dem Blick ans Kreuz – das war ihm auch sehr wichtig – den auferstandenen Christus sehen. Das Martyrium Christi im Blick zu haben und daraus heute zu leben und Kraft zu tanken, das hat mich schon beeindruckt.
Das Interview führte Katharina Geiger.