Kardinal Pell geht gegen Missbrauchsurteil in Berufung

Oberstes Gericht eingeschaltet

Letzte Instanz? Der ehemalige Finanzchef des Vatikans, Kardinal George Pell, geht gegen seine Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen in Berufung. Pell schaltete an diesem Dienstag Australiens oberstes Gericht ein.

Kardinal George Pell / © Daniel Pockett/AAP (dpa)
Kardinal George Pell / © Daniel Pockett/AAP ( dpa )

Pells Verteidiger hätten den zwölf Seiten langen Antrag am Dienstag, einen Tag vor Ablauf der gesetzlichen Berufungsfrist eingereicht, berichteten australische Medien. In der Begründung beziehe sich das Anwaltsteam auf die Entscheidung des Berufungsgerichts in Melbourne, das die Verurteilung Pells zu sechs Jahren Haft wegen Missbrauchs zweier Chorknaben bestätigt hatte. Die drei Richter hatten am 21. August mit zwei zu eins Stimmen die erste Berufung Pells abgewiesen.

Nimmt High Court den Fall auch an?

Die beiden Richter des höchsten Gerichts im Bundesstaat Victoria hätten sich in ihrer Schlussfolgerung "geirrt", heißt es laut Medienberichten in dem Berufungsantrag. Darüber hinaus werfen die Anwälte dem Melbourner Gericht vor, unzulässigerweise die Beweislast umgekehrt zu haben. In einem Strafverfahren müsse nicht der Angeklagte seine Unschuld beweisen, sondern die Anklage dessen Schuld. Im Prozess gegen Pell sei aber vom Angeklagten der Nachweis verlangt worden, dass er die ihm zur Last gelegten Taten unmöglich begangen habe könne.

Die Berufung vor dem Obersten Gericht in Canberra wäre die letzte juristische Chance des 78-Jährigen, doch noch einen Freispruch zu erreichen. Pell hat immer wieder seine Unschuld betont, im Strafverfahren aber nicht zur Sache ausgesagt. Falls das Gericht dem Berufungsantrag zustimmt, ist laut den Berichten erst 2020 mit dem Beginn des Verfahrens zu rechnen.

Sechsjährige Haftstrafe

Pell war im Dezember von einer Jury für schuldig befunden worden, 1996 als Erzbischof von Melbourne einen 13 Jahre alten Jungen missbraucht und einen anderen belästigt zu haben. Im Februar war der Kardinal zu sechs Jahren Haft verurteilt worden, von denen er mindestens drei Jahre und acht Monate absitzen müsste, bevor ein Antrag auf vorzeitige Entlassung auf Bewährung gestellt werden kann.

Das Urteil hatte weltweit für Aufsehen gesorgt. Der ehemalige Erzbischof von Melbourne und Sydney, der von 2013 bis 2018 das vatikanische Wirtschaftssekretariat leitete, ist der bisher höchste katholische Würdenträger, der von einem weltlichen Gericht wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt wurde.


Quelle:
KNA