Personelle Weichenstellung bei Herbsttagung der US-Bischöfe

Ein Latino an der Spitze der Katholiken in den USA?

Die Vollversammlung der katholischen US-Bischöfe in Baltimore könnte Geschichte schreiben. Die Chancen stehen nicht schlecht, dass erstmals ein Latino an die Spitze der US-Bischofskonferenz gewählt wird.

Autor/in:
Thomas Spang
Archiv: US-Bischöfe bei einer Vollversammlung / © Bob Roller (KNA)
Archiv: US-Bischöfe bei einer Vollversammlung / © Bob Roller ( KNA )

Normalerweise steigt die Nummer zwei der US-Bischofskonferenz nach einigen Jahren zum Vorsitzenden auf. Wenn es dabei bleibt - und danach sieht es aus - wird der Erzbischof von Los Angeles, Jose Gomez (67) den bisherigen Vorsitzenden Kardinal Daniel DiNardo (70) kommende Woche an der Spitze der katholischen Kirche in den USA ablösen.

Der im mexikanischen Monterrey geborene Gomez wäre der erste Latino, der die US-Kirche führt. Der Opus-Dei-Priester zog Ende der 80er Jahre in die Vereinigten Staaten und erhielt 1995 die US-Staatsbürgerschaft. Einige Jahre später listete ihn das "Time"-Magazin bereits als einen der 25 einflussreichsten hispanoamerikanischen Anführer auf.

"Weißer Nationalismus ist nichts Neues"

Während Gomez den Ruf hat, ein bescheidener und eher schüchterner Mann zu sein, hat er in den vergangenen Jahren durchaus kein Blatt vor den Mund genommen. Wortgewandt verteidigte er Einwanderer und Asylsuchende aus dem Süden. Nach dem Anschlag eines Rechtsextremisten in El Paso äußerte sich Gomez klar: "Weißer Nationalismus ist nichts Neues", schrieb er in seiner Bistumszeitung. "Der Mythos, dass Amerika von Weißen und für Weiße gegründet worden sei, ist genau das: ein Mythos."

Sollte die Wahl tatsächlich auf Gomez fallen, fände der eigentliche Wettbewerb bei der Herbsttagung in Baltimore (11. bis 13. November) unter den verbliebenen Bewerbern statt, die ihren Hut für die Führung der Bischofskonferenz in den Ring geworfen haben. Sie lassen sich im Kern in zwei Lager aufteilen: gemäßigte Konservative und traditionell gesinnte Hirten, die den Reformkurs von Papst Franziskus eher mit Skepsis betrachten.

Eher konservativ?

Letzterem Lager werden die Erzbischöfe Salvatore Cordileone (63) von San Francisco und Allen Vigneron (71) von Detroit sowie die Bischöfe Kevin Rhoades (61) von Fort Wayne-South Bend und Thomas Paprocki (67) von Springfield zugeordnet. Einige Beobachter zählen auch den Militärerzbischof Timothy Broglio (67) dazu. Erzbischof Gomez gehört der theologisch eher konservativen Gruppe von Hirten an, die loyal zu Papst Franziskus stehen. Dort verortet werden auch die Bischöfe Daniel Flores (58) von Brownsville, Frank Caggiano (60) von Bridgeport sowie die Erzbischöfe Jerome Listecki (70) von Milwaukee und Paul Coakley (64) von Oklahoma City.

Bemerkenswerterweise lehnten es drei prominente Franziskus-Verbündete ab, sich für eine Führungsposition zu bewerben. Wie katholische US-Medien übereinstimmend berichten, stehen weder der Kardinal von Chicago, Blase Cupich (70), noch Newarks Kardinal Joseph Tobin (67) oder der Bischof von San Diego, Robert McElroy (65), zur Verfügung.

"Er bringt keinen radikalen Wechsel"

Das Fehlen dezidierter "Franziskus-Kandidaten" reflektiert die Ausrichtung der US-Bischofskonferenz, die mehrheitlich konservativ geprägt ist. Erzbischof Gomez wird von kundigen Beobachtern wie Allan Figueroa Deck von der katholischen Loyola-Marymount-University in Los Angeles in diesem Kontext als ein idealer Brückenbauer gesehen: "Er bringt keinen radikalen Wechsel, aber er bringt uns voran."

In jedem Fall repräsentiert Gomez die demografische Zukunft der US-Katholiken. Bereits heute stammen vier von zehn Gläubigen aus dem hispanischen Kulturkreis, der traditionelle Werte ehrt, sozial-ökonomisch aber eher liberal orientiert ist. Zur Neuwahl stehen neben den beiden Spitzenämtern auch sechs Komitee-Vorsitzende. Während der drei Tage der Vollversammlung werden auch Beschlüsse zur Priesterausbildung sowie eine Ergänzung des Leitfadens zu den Präsidentschaftswahlen 2020 erwartet.


Kardinal Daniel N. DiNardo, Erzbischof von Galveston-Houston und Vorsitzender der US-Bischofskonferenz / © Bob Roller (KNA)
Kardinal Daniel N. DiNardo, Erzbischof von Galveston-Houston und Vorsitzender der US-Bischofskonferenz / © Bob Roller ( KNA )
Quelle:
KNA