Papst Franziskus kämpft nach eigenem Bekunden mit Korruption, das interne Kontrollsystem ist angeschlagen. Und allen Beteuerungen von Transparenz zum Trotz hütet die vatikanische Spendenzentrale ihre Zahlen so streng wie das Beichtgeheimnis.
Seit Oktober plagen den Vatikan Nachrichten über eine verunglückte Immobilieninvestition in London. Unter Angelo Becciu, seinerzeit Chef des Innenressorts und inzwischen zum Kardinal befördert, vertraute das Staatssekretariat seine Pfunde dem italienischen Finanzjongleur Raffaele Mincione an; als sich zeigte, dass kein Segen auf dem Handel lag, versuchte Beccius Nachfolger Egdar Pena Parra den Einsatz zu retten; schließlich grätschte die Vatikanbank IOR dazwischen, der Papst schickte den Staatsanwalt: Korruptionsverdacht.
Spenden aus dem Peterspfennig
Zum Skandal wurde die Aktion, weil in erheblichem Umfang Spendengelder betroffen sein sollen. Der Vatikan äußerte sich bis heute nicht zur Summe der betreffenden Investitionen; Schätzungen zufolge dürfte es um 500 Millionen Euro gehen.
Das Staatssekretariat verwaltet eine beträchtliche Vermögensmasse, mit der es unter anderem den diplomatischen Apparat über 180 Staaten hinweg unterhält. Gespeist wird der Topf aus Abgaben, die jedes katholische Bistum nach Kirchenrechts-Canon 1271 CIC zu leisten hat, aber auch aus Spenden wie dem sogenannten Peterspfennig.
Nach einem jüngsten Beitrag des "Wall Street Journal" erbrachte diese Sammlung zuletzt mehr als 50 Millionen Euro jährlich. Gerade einmal zehn Prozent davon, so die US-amerikanische Zeitung unter Berufung auf vertraute Kreise, sollen in mildtätige Aufgaben geflossen sein.
Die Spendenzentrale des "Obolo di San Pietro" erklärt auf ihrer Internetseite, die Gläubigen beteiligten sich mit ihrer Gabe "am Wirken des Papstes zur Unterstützung der Bedürftigsten und kirchlicher Gemeinden in Not". Bei Bitten um nähere Auskünfte verweist das Büro an das vatikanische Presseamt. Das Presseamt verweist auf die Homepage des "Obolo". Fragen nach der Spendenentwicklung, der Höhe der Einnahmen und der Aufteilung für karitative und administrative Zwecke bleiben unbeantwortet.
Der Internetauftritt zum Peterspfennig zeigt den Papst mit Senioren. Den Papst in einer Kinderklinik. Den Papst vor einer erdbebengeschädigten Kirche. Das Staatssekretariat zeigt er nicht.
Im Juni 2017 verbreitete das Spendenbüro per Twitter die Kurzbotschaft "Die Kirche soll auf dem Weg sein, mit Freude und im Hören auf Sorgen", dazu das Bild eines jungen Priesters, der von einem dankbar lächelnden Mann umarmt wird. Es war Krzysztof Charamsa, nach seinem Coming-Out 2015 geschasster Mitarbeiter der Glaubenskongregation, mit seinem Lebensgefährten Eduard. Ein Versehen, hieß es. Der Twitter-Account werde extern gepflegt.
Möglicherweise gilt das auch für die Bilanzen. Zu viel Unprofessionalität kann sich der Vatikan jedenfalls kaum leisten.
Auch Pflege der Kulturgüter aus Spenden
Nicht nur beim eigenen Unterhalt, auch bei der Pflege seiner immensen Kulturgüter profitiert er von Zuwendungen. Allein der Förderverein "Patrons of the Arts" kommt für 80 Prozent der Restaurierungsprojekte in den Vatikanischen Museen auf, wie die US-amerikanische Botschafterin Callista Gingrich unlängst betonte.
Frühere Krisen wie der Missbrauchsskandal zeigten: Gerade die konservativen Wohltäter, aber auch nichtkirchliche Kooperationspartner für humanitäre Projekte gehen leicht auf Distanz, wenn der Vatikan in moralisch zweifelhaftes Licht gerät.
Um die Finanzaktivitäten des Staatssekretariats zu durchleuchten, ist der Heilige Stuhl derzeit nicht optimal aufgestellt: Das zuständige Wirtschaftssekretariat bekommt nach zweieinhalb Jahren Leitungsvakanz zum 1. Januar einen neuen Präfekten, den Jesuiten Juan Guerrero, ein Neuling im Kuriendschungel. Die erfahrene und langjährige Büroleiterin Claudia Ciocca, die selbst als Kandidatin für den Posten galt, hat gekündigt. Die vatikanische Finanzaufsicht AIF verlor in den letzten Wochen ihren Direktor, ihren Präsidenten und den halben Aufsichtsrat.
Unterdessen räumte der Leiter der Güterverwaltung, Bischof Nunzio Galantino, so etwas wie kuriale Mitverantwortung für das schlechte Image ein. Möglicherweise müsse man über Finanzthemen "besser und mehr kommunizieren", sagte er der Zeitschrift "Famiglia Cristiana".
Andernfalls blühten auf dem Feld der Wirtschaftsnachrichten aus dem Vatikan nur "halbe Wahrheiten, die letztlich ganze Unwahrheiten sind".