Proteste gegen umstrittenes Kirchengesetz in Montenegro

"Brutale Verletzungen der Religionsfreiheit"

Es sei verfassungswidrig und "schändlich" und verletze die Menschenrechte, kritisieren Kirchenvertreter. In Montenegro haben hunderte Menschen gegen ein umstrittenes Kirchengesetz protestiert.

Montenegro: Geistliche der orthodoxen Kirche nehmen an einem Protest gegen das geplante Religionsgesetz teil / © Risto Bozovic (dpa)
Montenegro: Geistliche der orthodoxen Kirche nehmen an einem Protest gegen das geplante Religionsgesetz teil / © Risto Bozovic ( dpa )

Dieses war zuvor vom Parlament gebilligt worden.  Bei der Abstimmung sei es in Montenegros Hauptstadt Podgorica zu chaotischen Szenen gekommen, berichteten örtliche Medien. Abgeordnete der proserbischen Opposition hätten im Plenarsaal unter anderem Flaschen geworfen und Rauchgranaten gezündet. Mehr als 20 Personen, darunter mindestens 18 Abgeordnete, wurden den Angaben zufolge vorübergehend festgenommen. 

Das neue Gesetz über die "Religionsfreiheit und den gesetzlichen Status der Kirchen und Religionsgemeinschaften" sieht unter anderem vor, dass die im Lande tätigen Kirchen den Eigentumsstatus von Gebäuden und Immobilien klären müssen, die vor 1920 in ihren Besitz gelangt sind. Diese Regelung wird von der in Montenegro dominierenden, Belgrad unterstellten serbisch-orthodoxen Kirche strikt abgelehnt. Die Regierung dagegen unterstützt die neue autonome montenegrinisch-orthodoxe Kirche.

Bischof: "Brutale Verletzungen der Religionsfreiheit"

Die serbisch-orthodoxe Kirche in Montenegro hatte bereits am 24. Dezember - zum Beginn der Parlamentssitzungen - eine große Protestaktion vor dem Parlamentsgebäude organisiert. Metropolit Amfilohije (Radovic), die Bischöfe Joanikije (Micovic) von Niksic und Metodije (Ostojic) von Duklja (Dioclea) zogen an der Spitze einer Prozession von Klerikern und Ordensleuten vor das Parlamentsgebäude in Podgorica.

Bischof Metodije nannte das neue Religionsgesetz "verfassungswidrig" und kündigte an, sich wegen der "brutalen Verletzungen der Religionsfreiheit" an alle internationalen Institutionen zu wenden. Metropolit Amfilohije appellierte an die Abgeordneten, dem "schändlichen" Entwurf eines Gesetzes, das "gegen die elementaren Menschenrechte und die Rechte der Kirche Gottes gerichtet ist", nicht zuzustimmen.

Am Mittwoch veröffentlichte der Heilige Synod der serbisch-orthodoxen Kirche eine Solidaritätserklärung mit den "Bischöfen, Priestern, Mönchen und Nonnen und allen Gläubigen" in Montenegro. Der Heilige Synod bekundete darin ebenfalls seine Ablehnung des Gesetzentwurfs, durch den Kirchen, Klöster und anderes Eigentum den orthodoxen Diözesen in Montenegro entzogen werden sollen.

70 Prozent der Bevölkerung gehört zur serbisch-orthodoxen Kirche

Montenegro war bis 1918 ein unabhängiges Königreich mit einer eigenen orthodoxen Kirche. Nach der Eingliederung des kleinen Adrialandes in das neu entstandene, von einem serbischen König regierte Jugoslawien verlor die montenegrinische Kirche 1920 durch einen königlichen Erlass ihren autokephalen (unabhängigen) Status und wurde, zusammen mit ihren Besitztümern, Teil der serbisch-orthodoxen Kirche.

Seit 2006 ist Montenegro wieder unabhängig. Die Regierung in Podgorica treibt seitdem die Wiederherstellung der eigenen montenegrinisch-orthodoxen Kirche voran. Die serbisch-orthodoxe Kirche in Belgrad bekämpft dies vehement. Sie ist unter keinen Umständen bereit, eine autokephale montenegrinische Kirche anzuerkennen.

Der serbisch-orthodoxe Kirche gehören aktuell mehr 70 Prozent der 650.000 Montenegriner an. 16 Prozent bekennen sich zum Islam, rund 20.000 sind katholisch. Die montenegrinisch-orthodoxe Kirche wird von anderen großen Kirchen nicht anerkannt.

Von Inga Kilian

 

Montenegro: Polizeibeamte bewachen das Parlamentsgebäude während eines Protests gegen das geplante Religionsgesetz / © Risto Bozovic (dpa)
Montenegro: Polizeibeamte bewachen das Parlamentsgebäude während eines Protests gegen das geplante Religionsgesetz / © Risto Bozovic ( dpa )

 

Montenegros Staatspräsident Milo Djukanovic  / © Risto Bozovic (dpa)
Montenegros Staatspräsident Milo Djukanovic / © Risto Bozovic ( dpa )
Quelle:
KNA