Leiter des Katholischen Büros zur Abstimmung über Organspende

"Ich bin über das Ergebnis sehr erfreut"

Die Abstimmung im Bundestag über die Organspende hat auch Prälat Karl Jüsten mitverfolgt. Der Leiter des Katholischen Büros in Berlin spricht von einer gut geführten Diskussion und erklärt, warum er sich über das Ergebnis des Votums freut.

Bundestag in Berlin / © Maurizio Gambarini (dpa)
Bundestag in Berlin / © Maurizio Gambarini ( dpa )

DOMRADIO.DE: Der Bundestag hat sich mit deutlicher Mehrheit dafür ausgesprochen, dass die ausdrückliche Einwilligung des Spenders weiter Voraussetzung für eine Organentnahme bleibt. War das Ergebnis für Sie eine Überraschung?

Prälat Karl Jüsten (Leiter des Katholischen Büros in Berlin): In der Eindeutigkeit Ja. Da habe ich nicht mit gerechnet. Herr Spahn hatte ja im Vorfeld mehr Stimmen für seinen Gesetzesentwurf zusammengebracht. Damit hat er aber wohl alle Stimmen ausgereizt, die zu bekommen waren. Die anderen Abgeordneten wie Frau Baerbock haben wohl im Vorfeld nicht so viele Stimmen für ihren Gesetzesentwurf sammeln können. Deshalb bin ich insgesamt über das Ergebnis sehr erfreut.

DOMRADIO.DE: Wie emotional wurde denn vor der Abstimmung noch debattiert?

Jüsten: Im Deutschen Bundestag sind alle Positionen sehr deutlich dargestellt worden. Es war eine der besseren Debatten im Bundestag und es ist auf einem stabilen Fundament entschieden worden. Nun ist es klar, dass an dem Grundsatz in Deutschland, wenn an einem Menschen etwas vorgenommen wird, er sich aktiv dafür entscheiden muss, nichts geändert wird. Die Debatte, dass der Staat in so einem Fall eine Vorentscheidung trifft, ist mit diesem Ergebnis nun endgültig vom Tisch.

DOMRADIO.DE: Es herrschte kein Fraktionszwang. Wie haben die Fraktionen denn abgestimmt, eher einheitlich oder war man sich da auch innerhalb der Fraktionen uneinig?

Jüsten: Es gab innerhalb der Fraktionen natürlich Differenzen. Herr Spahn hatte im Vorfeld fleißig bei der Union geworben. Da hatte ich aber bei dem einen oder anderen den Eindruck, dass er vorschnell der Sache zugestimmt hatte und erst nachdenklich geworden war, nachdem wir mit den Abgeordneten ausführlich gesprochen hatten. Natürlich haben sie auch untereinander gesprochen. Ich kenne noch nicht das Ergebnis der namentlichen Abstimmung. Bei der SPD war es ungefähr halbe-halbe und bei den Grünen und der FDP gab es eine breite Zustimmung für unseren Vorschlag. Die Linkspartei war gespalten und die AfD hatte ihren eigenen Antrag, deshalb wussten wir im Vorfeld nicht, wie sie sich verhalten würde.

DOMRADIO.DE: Wie geht es jetzt weiter?

Jüsten: Über den Gesetzesentwurf, den Frau Baerbock und andere vorgelegt haben, wurde abgestimmt und nun wird er umgesetzt. Ein Online-Register, in dem diejenigen, die Organspender sein wollen, sich registrieren lassen, muss jetzt eingerichtet werden. Die Bevölkerung muss stärker darüber aufgeklärt werden was es heißt, Organspender zu sein. Auch das Hirntodkriterium muss den Menschen verständlich gemacht werden. Es muss auch eine Kampagne gestartet werden, die den Menschen die Angst davor nimmt, selbst Organspender zu sein.

Das Interview führte Michelle Olion.


Prälat Karl Jüsten, Leiter des Kommissariats der deutschen Bischöfe / © Michael Jungblut (KNA)
Prälat Karl Jüsten, Leiter des Kommissariats der deutschen Bischöfe / © Michael Jungblut ( KNA )
Quelle:
DR