DOMRADIO.DE: Auch das Erzbistum Köln unterstützt Ehepaare auf ihrem gemeinsamen Lebensweg. "Füreinander berufen" heißt ein Angebot. Das sind Besinnungstage für Paare, "die ihr Geheimnis suchen", so steht es in der Einladung. Was kann man sich darunter vorstellen?
Jessica Lammerse (Referentin für Ehepastoral im Erzbistum Köln): Unter diesem Angebot können Sie sich ein Wochenende für Paare vorstellen, das eigentlich auf dem Berufungscoaching "WaVe" basiert. Das ist eine Coachingform, die speziell dafür entwickelt wurde, die eigene Berufung zu finden. Wozu bin ich berufen? Was will ich wirklich im Leben?
Da hatten wir uns mal überlegt in der Ehepastoral – die Ehe ist ja auch eine Berufung, so sagt die Kirche – dass auch Eheleute schauen können, wo ihre Berufung als Ehepaar ist. Bei diesem Wochenende wollen wir zusammen gucken, zunächst jeder für sich und dann jedes Paar für sich: Was sind meine Sehnsüchte, meine Stärken, meine Bedürfnisse. Denn wir glauben, wenn wir die gut im Blick haben und die kennen, dann sind wir auch unserer Berufung auf der Spur.
Es soll erst mal jeder Teilnehmer für sich schauen: Was brauche ich, damit ich gut leben kann? Das tauschen die Paare dann miteinander aus und kommen darüber ins Gespräch. Man wundert sich manchmal, wie selten Paare das eigentlich so tun. Das kommt immer wieder als Rückmeldung, dass es ihnen richtig gut getan hat, miteinander einmal darüber zu sprechen, was jeder Einzelne wirklich braucht im Leben und in der Beziehung, um glücklich zu sein.
DOMRADIO.DE: Eine Ehe ist wirklich etwas Schönes, aber auch ein Haufen Arbeit. Irgendwann kommen viele Paare ja auch an einen Punkt, wo sie sich nicht mehr so viel zu sagen haben oder sich der Alltag so ein bisschen eingependelt hat. Inwiefern kann Ihr Angebot da denn helfen?
Lammerse: Es hilft genau dabei, miteinander im Gespräch zu bleiben. Einmal wahrzunehmen: Ich brauche etwas, aber mein Partner genauso. Manchmal ist das deckungsgleich – auch überraschenderweise. Aber manchmal kann das auch etwas Unterschiedliches sein. Wichtig ist dann: Nicht zu resignieren, sondern miteinander drüber zu sprechen und zu schauen, wo wollen wir denn gemeinsam hin?
Das ist der zweite Teil unseres Wochenendes, dass wir auf eine Vision einer glücklichen, gelingenden Zukunft schauen. Jedes Paar für sich entwickelt gemeinsam eine Vision, wie es glücklich in ungefähr drei bis fünf Jahren miteinander leben möchte. Dann gehen wir gemeinsam auch Schritte dahin, dass man dort wirklich hinkommen kann in eine glückliche Zukunft.
DOMRADIO.DE: Sind die Teilnehmer größtenteils Paare, bei denen sozusagen die Luft raus ist oder ist das bunt gemischt?
Lammerse: Das ist ganz bunt gemischt. Das sind ganz junge Paare, die einfach Interesse an dem Thema haben und sagen, wir bereiten uns auf unsere Partnerschaft, auf unsere Ehe vielleicht noch vor. Es sind aber auch Paare, die lange verheiratet sind. Es sind oft Paare auch dabei, die kurz vor dem Ruhestand stehen oder wo ein Partner vor dem Ruhestand steht. Die sehen dann zum Beispiel: Wir müssen irgendwie jetzt noch mal unser Leben ganz neu anschauen und miteinander neu gucken, wie denn dieser neue Lebensabschnitt als Ehepaar gelingen kann.
DOMRADIO.DE: Sie haben sicherlich schon viele Ehepaare kennengelernt, und wir sind ja alle immer auf der Suche nach dem Erfolgsrezept für eine gute Beziehung. Was würden Sie denn sagen, wie bleiben Ehepaare besonders lange und vor allem auch glücklich zusammen?
Lammerse: Ich glaube, es ist schon wichtig, dass man auf sich selbst schaut und dass man sich selbst gut kennt. Dann kann ich auch nicht den anderen dafür verantwortlich machen, mich glücklich zu machen. Wenn jeder für sich selber die Verantwortung übernimmt und man aber miteinander im Gespräch bleibt, ist das schon viel wert, dass man miteinander glücklich bleiben kann.
Denn ich habe selten Ehepaare erlebt, wo einer sagt, es ist mir ganz egal, was du denkst oder fühlst. In der Regel habe ich eher Paare erlebt, die sehr offen und aufgeschlossen dem anderen gegenüber sind, aber wo es oft einfach an der Zeit und an der Energie fehlt, miteinander im Gespräch zu bleiben. Dazu gehört, dem anderen auch zu sagen, was ich mir wünsche, wie ich mich fühle und was mir guttun würde.
Leider glaubt man vielleicht immer, dass der andere dann Gedanken lesen kann, wenn man verheiratet ist. Viele sprechen dann nicht mehr miteinander und denken dann oft, die Partnerin oder der Partner müsse wissen, was man denkt. Aber es ist hilfreicher und besser, wenn man miteinander spricht und alles offen auch mal auf den Tisch legt.
Das Interview führte Julia Reck.