"Im Fall einer unüberbrückbaren Kluft von medizinischen Ressourcen und Behandlungsbedarf in Folge einer pandemischen Überlastung des Gesundheitssystems" sei sie "im Sinn einer Ultima Ratio zulässig, gerechtfertigt und sogar geboten", heißt es in einer am Mittwoch veröffentlichten "Argumentationsskizze" des Sekretariats der Deutschen Bischofskonferenz in Bonn. Dafür müssten aber "strenge Rahmensetzungen" gelten.
Entscheidung über Leben und Tod
Bei der sogenannten Triage gilt es zu entscheiden, welche Patienten weiterbehandelt werden, wenn die Ressourcen nicht für alle Notfälle reichen. Bei der Conora-Pandemie gilt dies vor allem für die Zuweisung von Beatmungsplätzen. Dies war bereits in Italien, Spanien und Frankreich der Fall. Die Triage ist problematisch, weil sie zumeist eine Entscheidung über Leben und Tod einschließt und das Prinzip der Gleichbehandlung aller Patienten außer Kraft setzt.
Das Schreiben betont deshalb, dass im Vorfeld alle alternativen Möglichkeiten auszuschöpfen seien. Das gelte besonders für die staatlich verantwortete Vorsorge, die darauf ausgerichtet sein müsse, Triage-Situationen zu vermeiden. "Ist die Triage unvermeidbar, ist es aus ethischer Sicht von höchster Bedeutung, sie in streng limitiertem Rahmen nach den etablierten Regeln der ärztlichen Heilkunst, den Grundsätzen der Medizinethik und des ärztlichen Berufsethos durchzuführen", heißt es weiter.
"Ausschließlich medizinische Aspekte in Betracht"
Als Entscheidungskriterien kommen laut Bischofskonferenz "ausschließlich medizinische Aspekte in Betracht, insbesondere aber die Behandlungsbedürftigkeit und die Prognose, die sorgfältig individuell abgewogen werden müssen". Unethisch und abzulehnen seien äußere Kriterien wie etwa "das Lebensalter oder das Geschlecht, insbesondere soziale Kriterien wie Stellung, Bekanntheitsgrad, ökonomische Aspekte oder auch 'Systemrelevanz'". Unerlässlich sei es auch, alle Patienten, die zum Zeitpunkt der Überlastung eine intensivmedizinische Behandlung benötigen, in die Triage einzubeziehen und diese nicht nur auf die Personen mit Covid-19 zu begrenzen.
Im letzten handele es sich bei der Entscheidung um ein "unausweichliches Urteil des behandelnden Arztes - das auch nicht einem Algorithmus überlassen werden darf". Eine aussichtsreiche Behandlung abzubrechen, etwa weil ein weiterer Patient mit noch besserer Prognose hinzugekommen ist, lehnt die Bischofskonferenz ab. Sollte aber aus freier Entscheidung ein Behandlungsverzicht im Rahmen einer Patientenverfügung gewünscht sein, "ist dieser Willensbekundung Folge zu leisten", hält das Schreiben fest.