"Die einflussreiche feministische Nonne Juana Ines de la Cruz unterhält eine Liebesaffäre mit einer Frau und kämpft im Mexiko des 17. Jahrhunderts gegen Unterdrückung." So fasst der Streaming-Dienst Netflix das kurze und sehr komplexe Leben von Sor Juana Ines in sieben Episoden zusammen. Die mexikanische Nonne, Dichterin und Universalgelehrte war eine außergewöhnlich intelligente, begabte Frau, die versuchte, ihre Lebensziele im Kloster zu verwirklichen - und dabei an der Männerkirche scheiterte.
Sie starb am 17. April 1695, vor 325 Jahren, als eine gebrochene Persönlichkeit. "Alle bitte ich um Verzeihung, um der Liebe Gottes und seiner heiligen Mutter willen. Ich, die Verworfenste der Welt: Juana Ines de la Cruz," schreibt Sor Juana im Buch der Ordensgelübde des Klosters.
Wissen als Leidenschaft
"Ich trat ins Kloster ein", erklärt sie sich in der Schrift "Antwort an Schwester Philothea de la Cruz", "obwohl ich wusste, dass dieser Stand Dinge mit sich brachte, die meinem Charakter widersprechen mussten. Ich glaubte, mir entfliehen zu können, aber ich Armselige brachte mich selbst mit und mit mir meinen ärgsten Feind, diese Leidenschaft, von der ich nicht weiß, ob sie ein Geschenk oder eine Strafe des Himmels ist." Ihre Leidenschaft, die ihr Leben dominierte, war - Wissen.
Geboren am 12. November 1648 in San Miguel Nepantla in Zentralmexiko (damals Neu-Spanien), war Juana de Asbaje y Ramirez eins von mehreren unehelichen Kindern ihrer Mutter. Als junges Mädchen wurde sie zu wohlhabenden Verwandten nach Mexiko City geschickt, um ihre Chancen auf dem Heiratsmarkt zu verbessern.
Weg ins Kloster
Junge Frauen wie Juana hatten damals eigentlich nur zwei Möglichkeiten: entweder zu heiraten und Kinder zu bekommen oder aber ins Kloster zu gehen. Vor allem letzteres war eine bevorzugte Option für begabte Mädchen und Frauen, vorausgesetzt ihre Familie verfügte über die finanziellen Möglichkeiten, sie in ein Kloster einzukaufen.
Eine vorteilhafte Ehe war nicht ihr persönliches Lebensziel. Nach einem visionären Traum trat sie 1669 in ein Kloster der Hireonymitinnen ein, das sich nicht durch eine strenge Disziplin auszeichnete. Dort verfügte sie über eine große gut ausgestattete Zelle sowie eine Sklavin, ein Geschenk ihrer Mutter, die sie versorgte.
Im Kloster konnte sie ihren breiten literarischen und wissenschaftlichen Interessen nachgehen, also das Leben führen, was sie sich gewünscht hatte. In ihrer Zelle hatte sie eine Bibliothek, Musikinstrumente und sogar eine Ausstattung für naturwissenschaftliche Experimente zur Hand, es fehlte ihr an nichts.
Konflikt mit der Kirchenhierarchie
Wenn sie in ihrem Gedicht zu Ehren der heiligen Katharina schreibt: "Sie forscht, diskutiert und lehrt, tätig im Dienste der Kirche, weil er, der ihr den Verstand gab, nicht will, dass sie nichts erkenne. Triumph, Triumph!", dann klingt das wie eine Beschreibung ihres Lebens - vor dem Konflikt mit der Kirche.
Doch als sie sich in der Kritik an einer Predigt des einflussreichen portugiesischen Jesuiten Anontio Viera zu weit aus dem Fenster lehnte, kam es zu einer Auseinandersetzung mit der Kirchenhierarchie, die sie letztlich verlor. In ihrer Schrift "Antwort an Schwester Philothea de la Cruz" verteidigte sie das Recht von Frauen auf Bildung, doch vergebens. Am 5. März 1694 unterschreibt sie mit ihrem eigenen Blut das Gelöbnis, sich der Kirche zu unterwerfen. Danach wurde ihre Bibliothek aufgelöst und der Erlös für die Armen verwandt. Wenige Monate später starb sie an der Pest.
Teil der mexikanischen Identität
Der mexikanische Schriftsteller Octavio Paz (1914-1998) veröffentlichte Anfang der 1980er Jahre den Roman "Sor Juana Ines de la Cruz oder die Fallstricke des Glaubens", der 1991 auf Deutsch erschien. Er sah in ihr eine Melancholikerin, eine platonisch verliebte Nonne und Dichterin. Unter dem Titel "Ich, die unwürdigste von allen" wurde der Roman 1990 verfilmt, das mexikanische Fernsehen brachte 2016 eine mehrteilige Serie heraus, die später beim Streaming-Dienst Netflix zu sehen war.
In der Serie hat sie eine Liebesgeschichte mit der Ehefrau des Vizekönigs, Maria Luisa de Padera, für die sie Gedichte schrieb. Ob diese Beziehung platonisch war oder nicht, ist heute nicht mehr zu fassen.
Sor Juana Ines de la Cruz ist, nachdem sie über Jahrhunderte vergessen war, heute unverhandelbarer Teil der mexikanischen Identität. Ihr Geburtsort wurde ihr zu Ehren in Nepantla de Sor Juana Ines de la Cruz umbenannt.