In den Straßen patrouillieren Soldaten. Die Polizei hält Autofahrer an, um sich nach deren Ziel zu erkundigen. Mindestens einmal am Tag knattert ein Militärhubschrauber über die Vororte. Südafrika befindet sich in Woche drei einer strengen Ausgangssperre. Ins Freie dürfen die Südafrikaner nur zum Einkaufen oder um einen Arzt aufzusuchen. Positiver Nebeneffekt: Ein Rückgang der Verbrechensrate, darunter auch der Fälle von Wilderei. Auf lange Sicht könnte Covid-19 jedoch das Gegenteil bewirken, warnen Umweltexperten.
Auch Touristenziele bleiben geschlossen
"Wir profitieren derzeit von diesen Maßnahmen", zitiert die südafrikanische Zeitung "Times" Johan Jooste. Der pensionierte Generalmajor der südafrikanischen Streitkräfte ist heute für die Sicherheit in den Nationalparks zuständig. Wie Restaurants, Kinos und viele Geschäfte am Kap bleiben auch diese beliebten Touristenziele vorerst geschlossen. Jooste hofft, dass durch die Ausgangsbeschränkung nicht nur die Kurve der Corona-Infektionen abgeflacht werden kann, sondern zugleich die der illegal getöteten Elefanten, Nashörner und anderer bedrohter Tierarten.
Verarmte Fischergemeinden haben Lebensgrundlage verloren
Laut Moenieba Isaacs, Dozentin an der Universität Westkap, spiegelt sich der Trend auch in der Meereswirtschaft wider: "Da alle großen Feiern in China abgesagt wurden, etwa das chinesische Neujahr oder Hochzeiten, geht die Nachfrage für exotische Meeresfrüchte derzeit gegen null." Dadurch sei aber nicht nur die Zahl der illegal gefangenen Hummer und Schnecken zurückgegangen. Auch die vielen verarmten Fischergemeinden rund um Kapstadt hätten durch den Exportstopp ihre Lebensgrundlage verloren.
Im restlichen Land bereitet die Isolation ebenfalls Sorge. "Während der Ausgangsbeschränkung bleiben neben den Naturschutzgebieten auch die staatlichen und privaten Safari-Lodges geschlossen", sagt Jo Shaw, Wildtierexpertin bei WWF Südafrika. Die finanziellen Folgen für die Unternehmen und die Mitarbeiter von Nationalparks, Safari-Unternehmen und privaten Reservaten seien "erheblich".
Wilderei wird zur Einkommensquelle
Das Dorf Numbi liegt an der Grenze zum weltbekannten Kruger-Nationalpark. Zerfallene Häuser säumen die Hauptstraße. Bis auf einen Gemischtwarenhändler und einen Friseurladen in einem Schiffscontainer steht das wirtschaftliche Leben hier auch außerhalb von Krisenzeiten still. Es fehlen Jobs, Häuser und Straßen in der ländlichen Provinz Mpumalanga. In vielen Dörfern rund um die Nationalparks hat sich die Wilderei so zur lukrativen Einkommensquelle entwickelt. Für jedes geschlachtete Nashorn erhalten die Helfer bis zu 4.300 Euro.
2019 töteten Wilderer in Südafrika knapp 600 Nashörner. Das ist ein Erfolg für die Regierung in Pretoria - denn vor gerade mal fünf Jahren waren es noch mehr als doppelt so viele. Diesen Trend droht Covid 19 demnächst umzukehren. "Tausende Menschen, die rund um Schutzgebiete leben, haben über Nacht ihre Lebensgrundlage aus dem Tourismus, der Jagd und anderen Aktivitäten im Wildtiersektor verloren", sagt Anette Hübschle, Sozialwissenschaftlerin und Expertin für illegale Märkte an der Uni Kapstadt. Einige Betreiber von Safari-Lodges stellen sich Berichten zufolge auf ein volles Jahr ohne internationale Besucher ein.
Covid-19 könnte illegale Tierjagd befeuern
Unterdessen zeichnen Ökonomen ein Horrorszenario, nach dem das Virus Südafrikas Arbeitslosenrate von derzeit 29 auf 50 Prozent anschwellen lassen könnte. Hübschle erwartet, dass der wirtschaftliche Schaden durch Covid-19 die illegale Tierjagd befeuern wird. Vor allem "Buschfleisch" stehe im Fadenkreuz der Wilderer, also Säugetiere und Reptilien, die in der Savanne für den menschlichen Verzehr erlegt werden. "Wir müssen jetzt mehr als je zuvor Wege erkunden, auf die wir Dorfgemeinschaften rund um Schutzgebiete unterstützen können", so Hübschle.
Ein ähnlicher Aufruf kommt von WWF-Mitarbeiterin Jo Shaw. Auch sie befürchtet, dass Nationalparkbewohner angesichts ausbleibender Touristen zunehmend auf Umweltressourcen zurückgreifen werden. "Deshalb ist es wichtig, alternative Einkommensquellen zu finden, sowohl für die Parks als auch für die Menschen, die von ihnen leben."