Probleme einer Hostienbäckerei während der Pandemie

"Wie das weitergeht, steht in den Sternen"

Weil lange keine öffentlichen Gottesdienste stattfinden konnten, wurden auch keine Hostien gebraucht. Durch die Pandemie haben Hostienbäckereien mit schweren Verlusten zu kämpfen. Ein Hostienbäcker spricht über seine Situation. 

Schalen voller Hostien / © Sebastian Widmann (KNA)
Schalen voller Hostien / © Sebastian Widmann ( KNA )

DOMRADIO.DE: Der Hostienverkauf ist bei Ihnen und auch bei anderen Hostienbäckereien um etwa 90 Prozent eingebrochen. Da kann man wenig machen, wenn der Absatz - um das mal so profan zu formulieren - wegen Ausfallen der Gottesdienste sinkt. Was hat denn eine Hostienbäckerei für Möglichkeiten, alternativ die Kosten decken zu können?

Thomas Held (Hostienbäcker in der Gläsernen Hostienbäckerei St. Johannes in Kevelaer): Wie das die Hostienbäckereien in den Klöstern machen, weiß ich nicht. Wir machen Führungen durch die Hostienbäckerei und haben für die Kinder und andere Interessierte, die zu uns kommen, ein Vorprodukt der Hostie, die Hostienplatten. Die verkaufen wir eingeschweißt zum Knabbern. Wir nennen die "Knabberplatten". Es ist praktisch Esspapier, nur ohne Zucker und ohne Farbstoffe.

DOMRADIO.DE: Da verkaufen Sie Produkte wie Urknax, Plattenknabbereien, Dauerbackware und Dinkel-Knabbertüten. Jetzt könnte man ja sagen, es sei Frevel, Hostien als Esspapier zu verkaufen. Wo ist da der Unterschied?

Held: Wir verkaufen ja nicht die Hostien. Die runden Hostien sind für die Kirche vorbehalten. Wir verkaufen die Reste, die beim Bohren übrigbleiben. Bei der Hostienplatte werden die runden Hostien ausgebohrt. Bei dem Bohren bleiben dann diese Reste über.

Die werden bei uns getrocknet, knusprig eingetütet und als Knabbertüten verkauft. Die finden in der Vorbereitungszeit auf die Erstkommunion, wenn wir hier bis zu 6.000 Erstkommunionkinder durchführen, reißenden Absatz. Und der ist jetzt natürlich komplett zum Erliegen gekommen.

DOMRADIO.DE: Wenn Sie die Kommunionkinder in Ihrem Betrieb haben und Führungen machen, dann können die Kinder auch selbst ihre ersten Hostien ausstechen, oder?

Held: Genau. Wir haben für den Weltjugendtag 2005 in Köln eine Hostienstanze gekauft. Mit der kann man Hostien ausstanzen, die ist ganz ungefährlich. Mit der stanzen jedes Jahr ungefähr 3.500 Kinder ihre Hostien für die Erstkommunionmesse aus.

Das heißt, die Kinder waschen ihre Hände, bekommen eine feuchte Hostienplatte, schieben die dann in diese Hostienstanze rein und drücken einen Fußauslöser. Dann fallen hinten 44 Hostien in einen Korb. Am Schluss nehmen dann die Erwachsenen, die die Kinder begleiten, diese Hostien mit nach Hause, trocknen sie und geben sie ihrem Priester für die Erstkommunionmesse.

DOMRADIO.DE: Das machen auch Menschen, die bei Ihnen spezielle Hostien bestellen können, nämlich glutenfreie Hostien, oder?

Held: Die kann man nicht bei uns ausstanzen, die verkaufen wir nur. Wir kaufen sie zu und verkaufen sie dann in kleineren Stückzahlen. Und wenn jemand an Zöliakie erkrankt ist, verkaufen wir diese Hostien auch an Privatpersonen, die diese Krankheit haben. Zöliakie ist eine Glutenunverträglichkeit, bei der ein Bestandteil aus Weizenmehl nicht vertragen wird. Aber die Hostien verkaufen wir normalerweise nur an Kirchengemeinden.

DOMRADIO.DE: Sie haben es eben schon gesagt: Man kann bei Ihnen Führungen durch die Bäckerei machen, zum Beispiel mit Kommunionkindern. Versuchen Sie das jetzt digital aufzufangen? Geht das?

Held: Meine Schwägerin hat mir den Ratschlag gemacht, virtuelle Führungen anzubieten. Aber da fehlt mir der persönliche Kontakt, und von dem leben diese Führungen.

Mir war das Digitale zu distanziert. Ich habe mir schon überlegt, mal ein Video fürs Internet zu machen. Aber ich bin gerade sehr eingespannt. Ich habe meine Mitarbeiterinnen zum Teil entlassen, zum Teil in Kurzarbeit geschickt und mache jetzt alles selbst. Dadurch habe ich wenig Zeit, digital noch irgendwas zu machen.

Ich kämpfe einfach darum, dass genügend Geld reinkommt und ich meine Liquidität erhalten kann, damit ich den Betrieb so lange halten kann, bis hier wieder Führungen stattfinden können.

DOMRADIO.DE: Sie haben Zuschüsse vom Bund und vom Kreis bekommen. Nun gibt es weitere Aufhebungen von Beschränkungen. Wie sehen Sie die Zukunftsaussichten für Ihre Hostienbäckerei?

Held: Ich bin Christ und ich bin eigentlich immer positiv eingestellt. Aber wenn wir es realistisch betrachten, wird das Virus uns noch lange begleiten. Ich denke, dass diese Beschränkungen, also Abstandesregelungen und so weiter, uns noch bestimmt ein Jahr begleiten werden. Das wird natürlich schwierig.

Ich würde den Betrieb mit einer kleineren Personenanzahl wieder öffnen, sobald es möglich ist und ich vom Ordnungsamt Kevelaer grünes Licht bekomme. Bei Führungen würde ich mit Absperrbändern arbeiten, damit man sich nicht zu nahe kommt. Ich würde dann versuchen mit kleineren Personenanzahlen, zum Beispiel mit nur 15 Personen, Führungen durch die Hostienbäckerei zu machen.

Das ist der Plan. Ob das dann auch ankommt, ist die Frage. Die Leute müssen ja zu uns kommen. Sie können ja keinen Bus nehmen. Ich habe auch von Leuten, die mir abgesagt haben, gehört, dass sie keinen Bus mieten können, weil sie wegen der Abstandsregeln mit 40 Leuten gar nicht hierher kommen können. Wie das jetzt weitergehen wird, steht noch in den Sternen.

DOMRADIO.DE: Gibt es finanzielle Unterstützung von kirchlicher Seite für Sie in dieser Situation?

Held: Wir sind ein Familienbetrieb und wir bekommen von der Kirche keine Mittel. Ich habe da auch nicht angefragt, weil ich davon ausgehe, dass da jeder für sich selbst gucken muss. Ich hoffe natürlich, dass die Bistümer ein Auge auf die Klöster haben, die auch Hostien herstellen, und die unterstützen, wenn sie keine anderen Einkünfte haben.

Das Interview führte Uta Vorbrodt. 


Ordensschwester stanzt mit einer Maschine Hostien aus  / © Elisabeth Schomaker (KNA)
Ordensschwester stanzt mit einer Maschine Hostien aus / © Elisabeth Schomaker ( KNA )

Hostien auf einem Fließband in einer Hostienbäckerei / © Elisabeth Schomaker (KNA)
Hostien auf einem Fließband in einer Hostienbäckerei / © Elisabeth Schomaker ( KNA )

Handarbeit in der Hostienbäckerei / © Yavuz Arslan
Handarbeit in der Hostienbäckerei / © Yavuz Arslan
Quelle:
DR