"Der Nationalratsbeschluss geht über unsere Vorstellung von der christlichen Ehe hinaus, die auf einer komplementären Verbindung von Mann und Frau beruht und sich der natürlichen Fortpflanzung öffnet", sagte der Bischof von Sitten (Sion), Jean-Marie Lovey, am Samstag dem Portal kath.ch.
Er frage sich aber, ob die kirchliche Position in der heutigen Gesellschaft noch wahrgenommen werde, so Lovey, der in der Schweizer Bischofskonferenz für die Familienpastoral zuständig ist.
Es sei zudem nicht möglich, auf die Debatte über die Ehe für alle einzugehen, ohne die Folgen der Elternschaft und des Zugangs zur medizinisch unterstützten Fortpflanzung (MAP) zu berücksichtigen, die die Bischofskonferenz generell ablehne, fügte Lovey hinzu. "Die MAP sieht die Spende von Keimzellen vor, was den Rechten des Kindes widerspricht." Das Kind kenne seine biologische Herkunft nicht, was zu Leiden und Schwierigkeiten bei der eigenen Entwicklung führe.
Rechtslage in der Schweiz
Das Schweizer Parlament hatte am Donnerstag homosexuellen Paaren den Zugang zu Ehe ermöglicht. Zudem verabschiedete die große Parlamentskammer des Nationalrats eine Vorlage, wonach lesbischen Paaren die Zeugung von Kindern per Samenspende erlaubt werden soll.
In der Gesamtabstimmung wurden beide Neuerungen mit 132 Ja-Stimmen zu 53 Nein-Stimmen bei 13 Enthaltungen angenommen. Die Initiative zur Ehe für alle war vor sieben Jahren von den Grünliberalen gestartet worden.
Die Schweiz ist eines der letzten Länder in Westeuropa, das die gleichgeschlechtliche Ehe zulässt. Nach Frankreich folgten etwa Deutschland (2017) und Österreich. In Italien gibt es - genau wie bislang in der Schweiz - für homosexuelle Paare nur die Möglichkeit, sich als eingetragene Partnerschaften registrieren zu lassen. Damit sind aber nicht die gleichen Rechte etwa bei der Einbürgerung oder der Adoption verbunden.