DOMRADIO.DE: Wir dürfen sie nicht aus dem Blick verlieren - die Klimakrise. Auch wenn die Corona-Krise im Moment viel präsenter ist und eigentlich den kompletten Raum einnimmt. Deswegen haben die "Fridays for Future"-Aktivisten für heute wieder zu bundesweiten Klimaprotesten aufgerufen. Anlass dafür sind aber auch die für Anfang Juli geplante Verabschiedung des Kohleausstiegs-Gesetzes und die Hauptversammlung des Energiekonzerns RWE. Wegen Corona gibt es strenge Versammlungsvorschriften. Diese bedeuteten mehr Arbeit im Vorfeld für die Demonstrationen. Außerdem gibt es heute auch noch Zeugnisse. Es ist ein straffer Zeitplan, oder?
Maira Kellers (Klimaaktivistin): Ja, auf jeden Fall. Aber ich denke, das kann man auf sich nehmen angesichts dessen, was nächste Woche passieren soll.
DOMRADIO.DE: In mehr als 20 Städten sind Demos und Aktionen geplant. Was genau haben Sie sich vorgenommen?
Kellers: Vor allem in Essen wird demonstriert, weil dort die RWE-Hauptversammlung stattfinden wird. Genau aus diesem Grund werden Proteste stattfinden. In Hochneukirch, was ein Dorf direkt um den Garzweiler-Tagebau ist, wird eine rote Linie stattfinden. Diese rote Linie soll symbolisch vor den weiteren Kohleabbau gesetzt werden. In vielen weiteren Städten werden auch coronafreundliche Demonstrationen stattfinden.
DOMRADIO.DE: Es gibt zwei Hauptthemen, das Kohleausstiegs-Gesetz und die Hauptversammlung des Energiekonzerns RWE. Was genau fordern Sie?
Kellers: Wir fordern, dass beim Kohleausstiegs-Gesetz nicht beschlossen wird, dass dieser erst 2038 stattfinden soll. Dann bauen wir weitere 18 Jahre klimaunfreundliche Kohle ab und es sollen sechs weitere Dörfer abgebaggert werden. Das heißt, Menschen aus diesen sechs Dörfern werden ihr Zuhause verlieren. Das Ganze ist natürlich absolut nicht mit dem Pariser Klimaabkommen vereinbar. Das ist eigentlich unsere Hauptforderung, für die wir seit eineinhalb Jahren demonstrieren. Da fühlen wir uns natürlich komplett ignoriert.
DOMRADIO.DE: Wir konzentrieren uns gerade eher auf die Corona-Krise. Die Bundesregierung investiert viel Geld. Einige Politiker fordern schon länger, dass aber beide Krisen bekämpft werden müssen. Die Klimadebatte dürfe nicht in den Hintergrund rücken. Sollten aber nicht jetzt erst Existenzen gesichert werden, die angesichts der Corona-Krise in Gefahr sind? Wie sehen Sie das?
Kellers: Auf jeden Fall. Ich denke, das Missverständnis bei dem Ganzen ist, dass wir nicht fordern, dass die Corona-Krise außer Acht gelassen wird und sich nur noch um die Klimakrise gekümmert wird. Wir fordern, dass wir eine generelle Lektion für Krisenmanagement aus dieser Krise mitnehmen und uns nicht direkt, während wir noch in eine anderen Krise stecken, in die Klimakrise reinreiten. Ich glaube, wir müssen auch ändern, dass wir davon reden, dass Klimaschützen Verzicht bedeutet und damit schlecht ist.
DOMRADIO.DE: Heute gibt es Zeugnisse. Welches würden Sie der Bundesregierung heute zum Thema Nachhaltigkeit ausstellen?
Kellers: Ich denke, es wäre sehr schlecht. Seit eineinhalb Jahren gehen wir auf die Straße und es hat sich immer noch nicht viel geändert in unserer Klimapolitik. Es gibt zwar kleine Schritte in die richtige Richtung, aber unsere Politik macht immer noch eine Klimapolitik, die soziale Ungerechtigkeit absolut vergrößert. Und das darf nicht passieren.
Das Interview führte Tobias Fricke.