Der seit Ende August im polnischen Exil lebende katholische Minsker Erzbischof Tadeusz Kondrusiewicz ist am Montag im Vatikan mit Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin zusammengekommen. Das berichtet der belarussische Dienst des Portals "Vatican News". Im Mittelpunkt der Unterredung standen demnach die Lage in Belarus und die beabsichtigte Rückkehr des Erzbischofs in sein Heimatland.
Kondrusiewicz, der die katholische Bischofskonferenz von Belarus leitet, war nach einem einwöchigen Besuch im Nachbarland Polen Ende August von belarussischen Beamten an der Landesgrenze abgewiesen worden. Der autoritär regierende Machthaber Alexander Lukaschenko erläuterte tags darauf, der Erzbischof sei auf eine Liste von Personen gesetzt worden, denen die Einreise in Belarus und Russland untersagt sei.
Laut der Kirche verstößt Minsk damit gegen ein Landesgesetz, wonach keinem belarussischen Staatsbürger die Einreise verwehrt werden dürfe. Später erklärte die belarussische Regierung zudem Kondrusiewiczs Reisepass für ungültig.
Vatikan: "Nicht allzu optimistisch"
Der Erzbischof kam dem Bericht zufolge auf Einladung des Staatssekretariats in den Vatikan. Auch der vatikanische Außenbeauftragte, Erzbischof Paul Gallagher, habe ihn empfangen. Gallagher war Mitte September eigens nach Minsk gereist, um eine Aufhebung des von der belarussischen Regierung verhängten Einreiseverbots zu erreichen.
Anfang Oktober hatte er allerdings gesagt, er sei "nicht allzu optimistisch", dass sich Belarus in der Frage bewegen werde. Er denke, sie würden Kondrusiewicz einreisen lassen; "aber vielleicht wären die Bedingungen, die sie stellen könnten, für den Erzbischof inakzeptabel", so Gallagher.
Hintergrund sind die Manipulation der Präsidentenwahl in Belarus am 9. August zugunsten von Lukaschenko und die seither anhaltenden Proteste. Kondrusiewicz hatte die Demokratiebewegung unterstützt und die Polizeigewalt gegen friedliche Demonstranten kritisiert. Lukaschenko warf der Kirche Propaganda gegen ihn vor.
Leitung des Erzbistums von Polen aus
Kondrusiewicz führt sein Erzbistum Minsk derzeit von Polen aus. So wurde etwa eine Videobotschaft in der Kathedrale der belarussischen Hauptstadt gezeigt. Am Donnerstag leitete er per Videotelefonie die Vollversammlung der Bischofskonferenz.
Die katholische Kirche in Belarus sieht sich im Zuge der schweren politischen Krise auch anderen staatlichen Repressionen ausgesetzt. Der Regierungsbevollmächtigte für Religionsangelegenheiten, Leonid Gulaka, lud die Kirche Ende August erstmals nicht zu einer Sitzung des Interkonfessionellen Rates ein. Der staatliche Hörfunk strich die Übertragung der katholischen Sonntagsmesse aus dem Programm; das Ende einer jahrzehntelangen Tradition. Mehr als eine Million der 9,4 Millionen Bürger des Landes sind laut Kirchenangaben katholisch. Die Mehrheit der Belarussen sind orthodoxe Christen.