Wie fast alle großen Veranstaltungen dieses Jahres ist das alternative Wirtschaftsforum "The Economy of Francesco" ins Netz gewandert. Anstatt Ende März persönlich in Assisi können sich die rund 2.000 Teilnehmer von Donnerstag bis Samstag online sehen und hören. Am Samstagabend schaltet sich auch der Papst mit einer Video-Botschaft vom Vatikan aus dazu.
"Economy of Francesco"
Die einem kleinen Kirchentag nachempfundene Veranstaltung "Economy of Francesco" soll jungen Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlern sowie Unternehmern Gelegenheit geben, Möglichkeiten einer alternativen und nachhaltigen Wirtschaft im Sinne der Papst-Enzykliken "Laudato si" und "Fratelli tutti" zu entwickeln. Der "Francesco" des Kongresstitels ist allerdings der Heilige aus Assisi - nicht der Papst aus Buenos Aires.
Als zusätzliche Impulsgeber wie Zuhörer sind ältere Experten geladen. Zu diesen gehören international namhafte Ökonomen und Sozialaktivisten wie der Wirtschafts-Nobelpreisträger Muhammad Yunus, UN-Sonderberater Jeffrey Sachs, die Globalisierungskritikerin Vandana Shiva, der Befreiungstheologe Leonardo Boff oder der Würzburger Volkswirtschaftler Peter Bofinger.
Dass es nicht allein um trockene Volks- oder Betriebswirtschaft geht, erläutern der renommierte Wirtschaftswissenschaftler Sachs und zwei weitere Referenten in ihrem Referat "Die Freude vervollkommnen: drei Vorschläge, das Leben blühen zu lassen". Den Auftakt macht der vatikanische Entwicklungsminister, Kurienkardinal Peter Turkson, dessen Dikasterium die Veranstaltung von Rom her organisiert.
Getreu der Aufforderung des Papstes, die Welt von den Rändern her zu betrachten, erfolgt die inhaltliche Ouvertüre mit einem Video-Beitrag der Bewegung "ATD Vierte Welt". Die 1957 in Paris gegründete internationale Nichtregierungsorganisation, die sich für Menschenrechte, Frieden und Anerkennung der Menschenwürde einsetzt, soll die Perspektive der Armen und Marginalisierten einbringen.
Foren, Vorträge und Workshops
Zu den diversen Foren, Vorträgen und Workshops von Donnerstag bis Samstag sollen sich all jene zuschalten können, die sich für das ursprünglich geplante Treffen angemeldet hatten. Nach Angaben der Organisatoren vom März waren 2.000 junge Menschen aus gut 115 Ländern erwartet worden. Sie sollen nun berufliche und persönliche Erfahrungen sowie Ideen und Projekte austauschen.
Zwölf ursprünglich geplante Themendörfer, die in der Altstadt von Assisi aufgebaut werden sollten, wurden in zwölf Onlinesitzungen digitalisiert, mit entsprechenden Impulsreferaten und Diskussion. Die Foren tragen Namen wie "Arbeit und Pflege", "Management und Schenken", "Wirtschaft ist weiblich", "CO2 der Ungleichheit" oder "Profit und Berufung".
Aufruf des Papstes zum Tag der Arbeit 2019
Am ersten und dritten Konferenztag sind jeweils vierstündige Live-Streams vorgesehen. Zwischendrin am Freitag ist ein 24-Stunden-Marathon geplant, bei dem Teilnehmer rund um den Globus zugeschaltet werden. Die Veranstaltung mitverfolgen kann jeder über die Kongress-Website francescoeconomy.org. Entstanden ist der Kongress aus einem Aufruf des Papstes vom 1. Mai, Tag der Arbeit, im Jahr 2019.
Damals rief Franziskus Wirtschaftswissenschaftler, Unternehmer und Studenten im Alter bis 35 Jahren auf, sich Gedanken über ein gerechteres und nachhaltigeres Wirtschaftssystem zu machen. In den vergangenen Monaten bereits gab es im Rahmen des vom Vatikan lancierten "Laudato si"-Jahres zu den Kongress-Themen mehrere Online-Vorträge und Diskussionen.
Weil eine Wirtschaft im Sinne vom Franziskus global ist - und der Papst Lateinamerikaner -, tritt zum Ende des Kongresses die Christus-Statue von Rio de Janeiro ins Bild. Am Samstag um 23 Uhr mitteleuropäischer Zeit soll der 30 Meter hohe "Cristo Redentor" in den Kongressfarben von Assisi angestrahlt werden: grün, braun und gelb. Im Herbst 2021 dann, so hofft man, soll in Assisi doch noch ein physisches Treffen stattfinden.