US-Bischöfe beenden ihre Herbstvollversammlung

Kritik an Biden und Aussprache über Missbrauch

Die Herbstvollversammlung der katholischen Bischöfe in den USA begann mit einem Appell zu Heilung und Hoffnung. Sie endete mit einer Kontroverse. Sorgen bereitet den Bischöfen die Position des gewählten Präsidenten Joe Biden zum Thema Abtreibung.

Autor/in:
Thomas Spang
Kirche in den USA / © N.N. (shutterstock)

Der zweite Katholik im Weißen Haus hat sein Amt noch nicht angetreten, da hebt der Vorsitzende der US-Bischofskonferenz bereits mahnend den Zeigefinger. Zum Abschluss der ersten virtuellen Herbsttagung der Bischöfe warnte Erzbischof Jose Horacio Gomez den gewählten Präsidenten Joe Biden, seine Position zur Abtreibung schaffe "eine schwierige und komplexe Situation".

Der 77-jährige praktizierende Katholik Biden sorge "für Konfusion unter den Gläubigen darüber, was die Kirche zu diesen Fragen lehrt", so der Konferenzvorsitzende.

Bidens Position zu Abtreibungen

Biden lehnt persönlich Abtreibungen ab, möchte Frauen aber die Entscheidung über einen Schwangerschaftsabbruch lassen. "Wenn Politiker katholischen Glaubens Abtreibungsrechte unterstützen, schafft das nur zusätzliche Probleme", betonte Gomez. Ausdrücklich hob der Erzbischof hervor, dass der Demokrat das sogenannte "Hyde Amendment" ablehne. Es verbietet den Gebrauch von Steuergeldern aus dem Bundeshaushalt für Schwangerschaftsabbrüche. Daneben kritisierte Gomez Bidens Unterstützung für das Grundsatzurteil "Roe v. Wade", mit dem der Supreme Court Abtreibungen zur Privatsache erklärt hatte.

Der scharfe Ton des milden Erzbischofs zum Ende des zweitägigen Treffens kam überraschend, nachdem Gomez einer der ersten führenden Kirchenrepräsentanten gewesen war, die Biden zu seinem Wahlsieg beglückwünscht hatten. Und er steht im Kontrast zu dem herzlichen Telefonat vom vergangenen Donnerstag, in dem Papst Franziskus dem gewählten Präsidenten gratuliert und ihm eine enge Zusammenarbeit bei Themen wie der Einwanderung und dem Schutz des Klimas zugesagt hatte.

Gomez' Einlassungen erklären sich aus der Zusammensetzung der mehrheitlich konservativen US-Bischofskonferenz. Viele seiner Amtsbrüder hadern erkennbar mit der politischen Wende in Washington. Der Bischof von Knoxville im Bundesstaat Tennessee, Richard F. Stika, ging soweit, vergangene Woche den Wahlsieg Bidens zu bezweifeln. "Die Wahlen sind noch nicht vorüber", twitterte er. Bidens Haltung zur Abtreibung nannte er "den ultimativen Kindesmissbrauch".

Kritische Worte zum Missbrauchsskandal

Die Leidenschaft, mit der einige Bischöfe auf Bidens Wahl reagierten, stand in einem gewissen Gegensatz zu der eher knappen Diskussion über den Vatikanbericht zum ungehinderten Aufstieg Theodore McCarricks zum Kardinal - trotz Warnung und Wissen in der Hierarchie über Vorwürfe wegen sexuellen Missbrauchs und Fehlverhaltens.

In der einstündigen Aussprache am Montag meldeten sich immerhin mehr als ein Dutzend Bischöfe zu Wort. Der Kardinal von Chicago, Blase Cupich, rückte die Betroffenen ins Zentrum seines Beitrags. Ohne den Mut der Missbrauchsopfer sei die Entstehung des McCarrick-Berichts gar nicht möglich gewesen. Es sei wichtig, ihnen "weiterhin zuzuhören".

Darauf hob auch der designierte Kardinal und Erzbischof von Washington, Erzbischof Wilton Gregory, ab. Der McCarrick-Bericht habe "die dunkelsten Ecken unserer Kirche zum Vorschein gebracht, über die ich mich zutiefst schäme und über die ich tief verärgert bin".

Ähnlich deutlich äußerte sich Weihbischof Robert Barron aus Los Angeles, dem Beobachter eine weitere Karriere in der US-Kirchenhierarchie vorhersagen. Der Bericht aus Rom lege eine "tragische Inkompetenz" offen, die von einer klerikalen Struktur angetrieben worden sei, "die mit sich selber befasst ist und das Ihre schützt".

Aufruf zu "Heilung" und "Hoffnung"

Papstbotschafter Christophe Pierre hatte zum Auftakt der virtuellen Herbstvollversammlung die Kirche in den Vereinigten Staaten aufgefordert, sich der "Herausforderung der Heilung der Welt" zu stellen. Die Kirche leide unter denselben Problemen wie der Rest der Gesellschaft, so der Erzbischof. "Unsere Mission besteht darin, die Welt auszusöhnen."

Der Bischofskonferenz-Vorsitzende Gomez griff das Bild auf und rief die Kirche in seiner Eröffnungsrede zu "Heilung" und "Hoffnung" auf. So steht es auch in einem auf dem Treffen verabschiedeten Strategiepapier, das die Bischöfe am Dienstag um ein Kapitel zur Pandemie und dem Kampf gegen systematischen Rassismus in den USA ergänzten.

Die wichtigsten Personalentscheidungen der Herbstvollversammlung bestätigten eine im Kern konservative Ausrichtung der Bischofskonferenz. Die Kommission für Religionsfreiheit, Erziehung und Lebensfragen, leiten künftig der New Yorker Kardinal Timothy Dolan, der Bischof von Spokane, Thomas Daly, und der Erzbischof von Baltimore William Lori. Neuer Generalsekretär wird Jeffrey Burrill, ebenfalls ein Konservativer, der persönlich als zugänglich gilt.

Wer nach den Präsidentschaftswahlen auf einen Ruck in der Franziskus-skeptischen Kirchenspitze in den USA gehofft hatte, musste feststellen: Die Mühlen in der Bischofskonferenz mahlen nur sehr langsam.


Jose Horacio Gomez Velasco, Erzbischof von Los Angeles / © Bob Roller/CNS photo (KNA)
Jose Horacio Gomez Velasco, Erzbischof von Los Angeles / © Bob Roller/CNS photo ( KNA )

Joe Biden im Gebet / © Andrew Harnik (dpa)
Joe Biden im Gebet / © Andrew Harnik ( dpa )
Quelle:
KNA
Mehr zum Thema