Reaktionen auf EU-Erklärung gegen Antisemitismus

Geteiltes Echo

Am Mittwochabend haben die EU-Staaten eine Erklärung zur Bekämpfung von Antisemitismus veröffentlicht. Diese stößt bei Vertretern der jüdischen Gemeinschaft auf ein geteiltes Echo.

Autor/in:
Leticia Witte
Männer mit Kippa / © Markus Nowak (KNA)
Männer mit Kippa / © Markus Nowak ( KNA )

Der Jüdische Weltkongress (WJC) begrüßte die Erklärung des EU-Rates als einen "deutlichen Schritt, Europa zu einem besseren Ort für Juden zu machen". Ähnlich äußerte sich der Zentralrat der Juden in Deutschland. Auch die Konferenz der Europäischen Rabbiner (CER) sprach von einem "willkommenen Schritt in die richtige Richtung", vermisst aber Garantien für die Religionsfreiheit.

Gefahr erkannt

WJC-Präsident Ronald S. Lauder erklärte am Donnerstag, Europa habe ein "ernsthaftes und erschreckendes" Antisemitismus-Problem. "Der Beschluss des Rates der Europäischen Union zeigt, dass Deutschland in seiner Ratspräsidentschaft und die Führung der EU insgesamt erkannt haben, welche Gefahr Antisemitismus und Hass auslösen und welche Bedrohung für die Gesellschaft und die Sicherheit sie darstellen, wenn man nicht einschreitet." Die Verantwortung liege nun bei den Mitgliedstaaten, die Maßnahmen der Erklärung umzusetzen.

Der WJC begrüßte, dass die Erklärung Antisemitismus als einen "Angriff auf die europäischen Werte" und seine Bekämpfung als Priorität bezeichne sowie die Verbreitung von Judenfeindschaft im Zuge der Corona-Pandemie erwähne. Die Erklärung fordert verschiedene Maßnahmen gegen Antisemitismus, darunter auch die Bekämpfung von Hass im Internet sowie mehr Bildung zum Holocaust. Es brauche eine starke Antwort der Justiz auf antisemitische Umtriebe.

Forderung nach intensiverer Bekämpfung von Extremismus

Der Präsident der orthodox geprägten CER, Moskaus Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt, betonte, dass der Kampf gegen Extremismus und rechtsextreme Gruppen intensiviert werden müsse. Doch seien die Rabbiner enttäuscht, "dass in der Erklärung die Sitten und Gebräuche von Religionsgemeinschaften, die friedlich und getreu im Einklang mit den Werten der EU stehen, nicht erwähnt und offenbar als nicht schützenswert erachtet werden". Wenn für die jüdischen Gemeinden in Europa die Glaubens- und Religionsfreiheit nicht garantiert werde, gebe es auch keine Garantie für eine jüdische Zukunft.

Immer wieder gibt es in EU-Mitgliedstaaten Debatten um die Zulässigkeit jüdischer und muslimischer Bräuche wie die Beschneidung von Jungen und das Schächten von Tieren.

Ein wichtiger Schritt

Positiv reagierte der Zentralrat der Juden in Deutschland. "Wenn Europa seine Werte ernst nimmt, dann müssen Religionsfreiheit und der Kampf gegen Judenhass ganz oben auf der Agenda stehen", so Präsident Josef Schuster. Die Ratserklärung sei ein wichtiger Schritt, um Antisemitismus in allen EU-Mitgliedsstaaten zu bekämpfen und jüdisches Leben in Freiheit und Sicherheit zu gewährleisten.

Der Vizepräsident der EU-Kommission, Margaritis Schinas, bekräftigte, jüdisches Leben sei und werde stets Teil Europas bleiben. Die am Mittwochabend verabschiedete Erklärung bekräftige dies. Man sei sich der Bedrohungen gegenüber Juden bewusst. Schinas kündigte für 2021 eine EU-Strategie zum Kampf gegen Antisemitismus als Ergänzung und Unterstützung der Bemühungen der einzelnen Mitgliedstaaten an.


Ronald Stephen Lauder, Präsident des Jüdischen Weltkongresses (WJC) / © Jüdischer Weltkongress (KNA)
Ronald Stephen Lauder, Präsident des Jüdischen Weltkongresses (WJC) / © Jüdischer Weltkongress ( KNA )

Josef Schuster / © Harald Oppitz (KNA)
Josef Schuster / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA
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