Präses Rekowski mit klarer Haltung zur Gottesdienst-Debatte

Keine beratungsresistente Institution, die auf ihr Recht pocht

Eigentlich sollte es ein Freiluftgottesdienst auf dem Friedhof werden. Aber Manfred Rekowski, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, musste wegen umplanen. Stattdessen hat er eine "Wegbegleitung" im wahren Wortsinn angeboten, die viel Trost gespendet habe.

Kreuz auf dem Friedhof / © Beatrice Tomasetti (DR)
Kreuz auf dem Friedhof / © Beatrice Tomasetti ( DR )

DOMRADIO.DE: Der Heiligabend-Gottesdienst auf dem Friedhof musste Corona-bedingt ausfallen, aber Sie haben allen, die sich für den "Gottesdienst der leisen Töne" angemeldet hatten, ein alternatives Angebot gemacht?

Präses Manfred Rekowski (Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland): Ja, wir haben ursprünglich 20 Anmeldungen gehabt für diesen Gottesdienst der leisen Töne. Und als klar war, dass das aus Corona-Gründen abgesagt werden müsste, habe ich dann überlegt, dass wir doch ein alternatives Angebot machen können. Und das sah so aus, dass wir diejenigen, die kommen und die es wünschen, begleiten auf dem Weg zum Grab ihrer Angehörigen, die im vergangnen Jahr verstorben sind und da mit ihnen verweilen, ein Gebet sprechen.

Davor und nachher war die Möglichkeit, in der Kapelle, auf Abstand natürlich, noch ein bisschen Orgelmusik zu hören, den weihnachtlichen Klängen zu lauschen. Und das haben doch immerhin noch zehn Personen angenommen. Ich bin ganz bewegt und berührt von den tiefen und dichten Gesprächen, die ich dann auf dem Weg zum Grab und am Grab gemacht habe.

DOMRADIO.DE: Was hat den Menschen auf der Seele gebrannt? Worüber wollten sie mit Ihnen sprechen?

Rekowski: Also zum einen ist es natürlich wirklich so, das war immer so mein Eindruck, dass Weihnachten für trauernde Menschen ein besonderes Fest ist. Von meinem Arbeitszimmerfenster aus sehe ich auf den Friedhof und habe immer schon in den Jahren zuvor wahrgenommen, dass Heiligabend noch sehr viel Leben auf dem Friedhof ist. Und diese Zielgruppe, Menschen, die im vergangenen Jahr einen Angehörigen verloren haben, haben wir angeschrieben. Es ist ja jetzt ein ganz besonderer Tag, zum ersten Mal Weihnachten ohne den Ehemann, ohne die Mutter.

Und es ist ja nicht so, dass ich jetzt ein besonders vertrauenswürdiger Mensch bin, das hoffe ich zwar schon, aber es ist natürlich so, dass ein Pfarrer für viele eben eine Person ist, wo man sich auch nochmal öffnet und auch darüber spricht, was einen bewegt. Manche haben mir auch erzählt, wie das sich mit ihrem eigenen Glauben so verhält. Jemand hat gesagt: Ja, im Moment kann ich gar nicht beten, aber es ist gut, dass sie es für mich machen.

DOMRADIO.DE: Das klingt ja traurig. Heiligabend auf dem Friedhof. Aber war das jetzt nur traurig?

Rekowski: Nein, überhaupt nicht. Eine Dame sagte, bei ihr seien zwei Personen in diesem Jahr gestorben, der Ehemann und die Mutter. Beim Verabschieden sagte sie so, vielleicht etwas ungewollt, "ich bin begeistert". Aber ich habe sie verstanden. Das war heute auf dem Friedhof ein situationsgerechtes Angebot. Ich als Pfarrer bin einen Weg mitgegangen, an diesem besonderen Tag, habe zugehört.

Das Aufnehmen ins Gebet, mit den Gefühlen, den Fragen, aber auch Hoffnungen, eben was die Menschen bewegt, das ist ja eigentlich das, wofür wir als Kirche da sind. Manche der Debatten in den letzten Tagen, wie ist das mit Gottesdiensten in Corona-Zeiten, das klang immer so, als ginge es da um eine beratungsresistente Institution Kirche, die da auf ihre Rechte pocht. Es geht darum, dass wir die Menschen begleiten, und ich glaube, das haben wir hier in sehr guter Weise gemacht. Und wenn es nicht auf dem Weg über einen Gottesdienst geht, geht das eben über diesen Weg, den ich eben beschrieben habe. Und das hat mich so gesehen auch überhaupt nicht traurig gestimmt, sondern das waren dichte Momente. Und das tat den Menschen nach meiner Wahrnehmung sehr gut.

DOMRADIO.DE: Fröhliche Weihnachten und Friedhof - würden Sie auch sagen, die Botschaft von Weihnachten und der Tod, das passt zusammen?

Rekowski: Ja, die Botschaft von Weihnachten ist ja: Es gibt keine beschränkte Hoffnung, sondern Gottes Liebe ist stärker als der Tod. Und von Gottes Liebe trennt uns nichts. Und das ist die Botschaft. Die gilt in guten Tagen, aber sie gilt dann auch in schwierigen Zeiten und auch in einer Zeit der Trauer und des Abschieds.

Das Interview führte Hilde Regeniter.


Präses Manfred Rekowski eröffnet die Synode der Evangelischen Kirche im Rheinland / © Thomas Frey (dpa)
Präses Manfred Rekowski eröffnet die Synode der Evangelischen Kirche im Rheinland / © Thomas Frey ( dpa )
Quelle:
DR
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