Auf keinen Fall sei, "was vom Zeitgeist früherer Jahrhunderte geprägt wurde, von vornherein besser als das, wozu uns heutige Erfordernisse und Möglichkeiten führen könnten", schreibt Feige in einem Gastbeitrag für die "Zeit"-Beilage "Christ & Welt" (Mittwoch).
Vergangenheit als Maßstab
Die Vorstellungen der meisten Menschen von der Kirche seien "nachhaltig durch persönliche Erfahrungen und überkommene Traditionen geprägt", erklärt der Bischof des Bistums Magdeburg. Das lasse sich "nicht einfach abschütteln".
Darum bleibe "für viele das Erscheinungsbild der Kirche von gestern auch der Maßstab für heute, fällt es anscheinend schwer, deren Gestalt inmitten der dramatischen Veränderungen unserer Welt neu zu denken, zu erhoffen und daran mitzuwirken". Stattdessen werde ihr Untergang "beklagt oder herbeigeredet".
Das habe nicht nur mit konservativen oder nostalgischen Haltungen zu tun, räumt Feige ein. Dabei sei auch "Angst mit im Spiel: Angst davor, etwas nicht mehr im Griff zu haben und vielleicht sogar ganz zu verlieren, oder Neues wagen zu sollen, ohne zu wissen, wie es ausgeht". Angst müsse jedoch nicht nur kontraproduktiv sein, sie könne auch mutig überwunden werden und sogar schöpferische Veranlagungen befördern.
Gottes Geist in Vergangenheit und Zukunft
In der Geschichte gebe es keine Notwendigkeiten, betont der Bischof. Die Zukunft sei grundsätzlich offen und alles könne "ganz anders kommen als befürchtet, erwartet oder geplant". Feige empfiehlt, "sich an frühere Entwicklungen zu erinnern, besonders an die Überwindung von Krisen oder Um- und Aufbrüche".
Überdies habe die Kirche nach christlicher Überzeugung "nicht nur eine sehr menschliche Dimension, sondern wesentlich auch mit Gott zu tun". Gottes Geist könne auch "auf ungewöhnlichen Umwegen oder durch feindliche Mächte und Gewalten" wirken.