WSW wies am Freitag erneut die Kritik des Erzbistums zurück und bot an, die Untersuchung ausschließlich auf der eigenen Homepage zu veröffentlichen. Dem Erzbistum Köln entstünden dadurch keinerlei Haftungsrisiken: "Wir trügen hierfür die alleinige und volle Verantwortung."
Die Erzdiözese lehnte dies strikt ab. Das WSW-Gutachten über mögliches Fehlverhalten von Bistumsverantwortlichen beim Umgang mit Fällen sexualisierter Gewalt habe handwerkliche methodische Mängel und sei rechtswidrig, sagte eine Sprecherin auf Anfrage. Daher könne das Erzbistum einer Veröffentlichung nicht zustimmen.
WSW wirft Strafrechtler Jahn methodische Mängel vor
Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki hatte bei WSW das Gutachten in Auftrag gegeben, lässt es aber nicht wie zunächst vorgesehen veröffentlichen. Zur Begründung führt das Erzbistum vor allem eine 22-seitige Expertise des Frankfurter Strafrechtlers Matthias Jahn an, die WSW unter anderem methodische Mängel bescheinigt. Woelki beauftragte daher mit dem Kölner Strafrechtler Björn Gercke einen neuen Gutachter, der seine Ergebnisse bis zum 18. März vorlegen soll. Diese Entscheidung wird von vielen Seiten zum Teil heftig kritisiert.
WSW warf Jahn seinerseits methodische Mängel vor und bedauerte, dass man weder vor der Veröffentlichung seiner Einwände im Herbst noch bei späteren Präsentationen zu seiner Kritik habe Stellung beziehen können. Jahn wirft der Münchner Kanzlei unter anderem vor, aus den 189 ausgewerteten Personalakten nur 15 angeblich gravierende Fälle herausgegriffen zu haben, was vielen Opfern nicht gerecht werde. Auch könne die namentliche Erwähnung von Verantwortungsträgern bei Mängeln zivilrechtliche Klagen nach sich ziehen.
Kölner Strafrechtsexperte kritisiert WSW-Gutachten
WSW verteidigte das Vorgehen, sich nur auf 15 Fälle beschränkt zu haben. Dies nehme Rücksicht auf das berechtigte Interesse der von sexueller Gewalt Betroffenen, nicht der Gefahr einer weiteren Retraumatisierung ausgesetzt zu werden. Das Jahn-Gutachten berücksichtige auch nicht das Recht etwaiger Täter auf das "Vergessen ihrer Taten" sowie den gebotenen Schutz untergeordneter Mitarbeiter der Erzdiözese, deren Persönlichkeitsrecht durch eine öffentliche Nennung verletzt würde. Zudem habe WSW nicht nur die ausgewählten 15, sondern alle übergebenen Fälle umfassend geprüft und ausgewertet.
Auch der mit der neuen Untersuchung beauftragte Kölner Strafrechtsexperte Gercke hatte das WSW-Gutachten kritisiert. Dort fänden sich "vermeintliche Schuldzuweisungen mit starken Worten, ohne Belege zu bringen". Die Auswahl der Beispiele sei willkürlich erfolgt. Er kündigte an, sein Team werde jeden einzelnen der insgesamt 312 Verdachtsfälle würdigen. Die Ergebnisse der Untersuchung würden "ungemütlich" werden für das Erzbistum.