Die Corona-Pandemie hat die größte Finanzierungsquelle der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau versiegen lassen: die umgerechnet rund 14 Euro, die erwachsene Besucher für eine Führung zahlen. Denn wegen der Pandemie verfügte Polens Regierung die Schließung aller Museen und damit auch des meistbesuchten Museums in Oswiecim (Auschwitz) im Süden des Landes.
So schrumpfte 2020 das Budget der Gedenkstätte des ehemaligen größten deutschen Vernichtungslagers plötzlich um 32,6 Prozent. Insgesamt 161 Tage war vergangenes Jahr die Besichtigung des 200 Hektar großen Geländes nicht möglich. Von Juli bis Oktober kamen außerdem deutlich weniger Menschen, um den mindestens 1,1 Millionen Todesopfern an Ort und Stelle zu gedenken.
2020 zählte man deswegen nur eine halbe Million Besucher. Das sind weniger als ein Viertel der zuletzt mehr als zwei Millionen Menschen, die im Jahresmittel kamen.
Harte Zeit der Pandemie
"Die Zeit der Pandemie war sehr hart für die Gedenkstätte Auschwitz", heißt es in dem am Montag veröffentlichten Jahresbericht. "Der Haushaltsplan ist zusammengebrochen." Einige dringende Investitionen und Projekte hätten abgesagt werden müssen. Das Kulturministerium half dem Museum mit einer kräftigen Finanzspritze.
Es stockte dem Jahresbericht zufolge den staatlichen Zuschuss von 5,5 Millionen auf 6,8 Millionen Euro auf und stellte so die Fortsetzung der Museumsarbeit und den Erhalt der Arbeitsplätze sicher. Damit war der polnische Staat der größte Geldgeber, denn die Gedenkstätte nahm nur 4 Millionen Euro ein.
Der drittgrößte Haushaltsposten waren 2020 die Erträge aus der Stiftung Auschwitz-Birkenau: 2,6 Millionen Euro. Mit dieser Summe wurde laut den Angaben vor allem der Erhalt von Gebäuden finanziert.
"Dank der Stiftung litt als einziger Museumsbereich die Konservierung der Gedenkstätte nicht unter dem unglaublich schwierigen Finanzjahr", sagt Museumssprecher Pawel Sawicki. So konnte die Restaurierung der Ruinen einer Gaskammer fortgesetzt und die Arbeiten an einer Häftlingsbaracke abgeschlossen werden. Die Konservatoren begannen Sawickis Angaben zufolge bereits mit zwei weitere Baracken. Auch zwei 2019 durch einen Sturm beschädigte Wachtürme aus Holz seien wieder instandgesetzt worden.
Erhalt ist eine endlose Aufgabe
Die 2009 gegründete Stiftung geht auf den 2015 verstorbenen früheren polnischen Außenminister und Auschwitz-Häftling Wladyslaw Bartoszewski zurück. Mit den Erträgen aus dem geplanten Stiftungskapital von 180 Millionen Euro sollen die laufend notwendigen Restaurierungsarbeiten bezahlt werden. Deutschland steuerte 120 Millionen Euro bei, die USA 14 Millionen und Polen 10 Millionen. Auch viele weitere Staaten überwiesen hohe Beträge. Die 180 Millionen Euro sind aber noch nicht zusammengekommen.
Die Erhaltung der Überreste des einstigen Lagers, in dem deutsche SS-Männer von 1940 bis Anfang 1945 allein eine Million Juden ermordeten, ist eine endlose Aufgabe. Angefangen bei den 13.000 Briefen und Karten, die Häftlinge an ihre Liebsten schrieben und ihre Angehörigen später der Gedenkstätte stifteten.
Damit man sie auch noch in den kommenden Jahren lesen kann, werden sie in einer Flüssigkeit gebadet und so die Säure aus dem Papier ausgespült; dann gescannt und digitalisiert. Und es kommen immer noch weitere Gegenstände ins Archiv. 2020 erhielt die Gedenkstätte 234 Fotos und Dutzende Lagerdokumente im Original oder in Kopie wie das Notizbuch der einstigen Gefangenen Bozena Janina Zdunek. Sie schrieb darin 17 Gedichte mit Bezug zu Auschwitz.
Wann die Gedenkstätte wieder öffnet, ist unterdessen noch offen. Polen wartet aktuell auf die Entscheidung der Regierung über eine mögliche Verlängerung des Lockdowns über den 31. Januar hinaus. Von 2,3 Millionen Besuchern wie 2019 kann das Museum im laufenden Jahr aber aller Voraussicht nach nur träumen. Deshalb bittet es auf seiner Internetseite weiter um Spenden.