Bistum Speyer will weiter sexuellen Missbrauch aufklären

Weitere Aufarbeitung angekündigt

Bischof Karl-Heinz Wiesemann will sexuellen Missbrauch in der Diözese weiter aufarbeiten. In der Debatte um den Pflichtzölibat ruft der Bischof von Speyer zum Nachdenken auf, verteidigte aber die ehelose Lebensform als wertvolles Modell.

Symbolbild Missbrauch / © Harald Oppitz (KNA)
Symbolbild Missbrauch / © Harald Oppitz ( KNA )

Vor Journalisten kündigte Bischof Wiesemann die Einrichtung eines Betroffenenbeirats und einer unabhängigen Aufarbeitungskommission für das Bistum an. Nach Veröffentlichung seines Interviews im Dezember zu Missbrauch in einem Kinderheim der Niederbronner Schwestern in den 1960er und 1970er Jahren meldeten sich bislang weitere 15 Personen, die selbst betroffen seien oder zur Aufklärung beitragen wollten. Das Geschehen erschüttere das gesamte Bistum, so Wiesemann.

Bemühungen zur Aufarbeitung

Der Betroffenenbeirat soll "Erfahrungen bündeln, die Aufarbeitung im Bistum kritisch begleiten und Hinweise für eine Verbesserung der Präventionsmaßnahmen geben". Als sehr positiv wertete das Bistum die Resonanz zu einem Aufruf zur Mitarbeit. Mehrere Betroffene wollten ihre Erfahrungen einbringen.

Die Aufarbeitungskommission will prüfen, wie Verantwortliche auf Missbrauchsvorwürfe und -fälle reagiert hätten. Zur Klärung sucht das Bistum Hilfe von außen, etwa durch ein sozialwissenschaftliches Forschungsinstitut oder eine Anwaltskanzlei.

Mitte Januar startete die Diözese zudem die Initiative "Sicherer Ort Kirche", die dem Schutz von Kindern, Jugendlichen und hilfebedürftigen Erwachsenen vor Missbrauch dienen soll. Eine Übersicht zeigt, dass für die Zeit zwischen 1946 und heute 130 Verdachtsfälle in der Pfalz untersucht worden seien.

Die Zahl der Betroffenen lag demnach bei 221, die der Beschuldigten bei 112. Von den 82 an die Staatsanwaltschaft gemeldeten Fällen wurden 62 eingestellt; 15 endeten mit einer Verurteilung oder einer Einstellung gegen eine Geldzahlung; zudem gibt es 5 laufende Verfahren.

Corona und Ökumene

Zur Corona-Pandemie sagte Wiesemann, bei vielen Menschen gerate das Vertrauen ins Leben und in die Zukunft ins Wanken. Das zeige sich in Protesten, "in denen sich ein Misstrauen artikuliert, das bis zur Wirklichkeitsverweigerung reicht". In gesellschaftliche Debatten herrsche immer häufiger ein Ton der Gereiztheit und die Tendenz zur Diffamierung, kritisierte der Bischof.

Notwendig sei aber eine Kultur des Zuhörens, der sachlichen Prüfung und des Ringens um die bestmögliche Lösung. Gefordert sei Bereitschaft, auch Verzicht auf sich zu nehmen und um der Solidarität willen die Würde aller zu schützen.

Weiter intensivieren will das Bistum seine Zusammenarbeit mit der Evangelischen Kirche der Pfalz. Das Projekt "Zusammen Wachsen" soll prüfen, wo beide Kirchen noch mehr miteinander kooperieren könnten. Für Wiesemann steht dahinter die Überzeugung, "dass unser Zeugnis wirksamer und glaubwürdiger ist, wenn wir gemeinsam reden und gemeinsam handeln, wo immer es theologisch sinnvoll und strukturell möglich ist".

Als Beispiele für mehr Zusammenarbeit gelten etwa Aus-, Fort- und Weiterbildung, Bildungsarbeit und Digitalisierung. Auch die gemeinsame Nutzung von Gebäuden biete Synergieeffekte und Sparpotenziale.

Bischof Wiesemann für Nachdenken über Pflichtzölibat

Der Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann hat zum Nachdenken darüber aufgerufen, ob der verpflichtende Zölibat für Priester aufrechterhalten bleiben oder es nicht möglich werden solle, Verheiratete zu weihen. Die Debatte darüber sei ein wichtiger Punkt beim aktuellen katholischen Reformprozess Synodaler Weg, der kommende Woche fortgesetzt wird. Grundsätzlich verteidigte der Bischof am Mittwoch bei einer Online-Presskonferenz die ehelose Lebensform als wertvolles Modell. Es sei nicht gerechtfertigt, von einem Automatismus zwischen Zölibat und sexuellem Missbrauch zu sprechen.


Bischof Karl-Heinz Wiesemann im Portrait / © Elisabeth Schomaker (KNA)
Bischof Karl-Heinz Wiesemann im Portrait / © Elisabeth Schomaker ( KNA )
Quelle:
KNA
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