Das Bundesverwaltungsgericht legte in dem Urteil Bedingungen für die Zulassung von Sonntagsarbeit in Unternehmen fest. Die Behörden dürften sie nur dann bewilligen, wenn eine vorübergehende Sondersituation eine außerbetriebliche Ursache habe, so die Leipziger Richter. Die Ursachen dürften nicht vom Arbeitgeber selbst geschaffen werden.
Halbe Million unbearbeiteter Bestellungen vor Weihnachten
Im vorliegenden Fall ging es um eine Amazon-Tochtergesellschaft. Auf ihren Antrag hin bewilligten die zuständigen Behörden in Nordrhein-Westfalen dem Unternehmen, am dritten und vierten Adventssonntag 2015 jeweils 800 Arbeitnehmer zu beschäftigen.
Andernfalls drohe ein Überhang von ungefähr 500.000 unbearbeiteten Bestellungen bis Weihnachten, hieß es zur Begründung. Dagegen klagte die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi erfolgreich vor dem Verwaltungsgericht. Es entschied, dass die Bewilligung rechtswidrig gewesen sei. Die Berufung dagegen blieb ohne Erfolg.
Sondersituationen müssen außerbetriebliche Ursache haben
Das Bundesverwaltungsgericht wies die Revisionen des Landes und des Unternehmens zurück. Nach dem Arbeitszeitgesetz könne die zuständige Behörde zwar an bis zu fünf Sonn- und Feiertagen die Beschäftigung von Arbeitnehmern bewilligen, wenn besondere Verhältnisse zur Verhütung eines unverhältnismäßigen Schadens dies erforderten, erklärten die Richter.
Besondere Verhältnisse seien aber vorübergehende Sondersituationen, die eine außerbetriebliche Ursache haben. Sie dürften nicht vom Arbeitgeber selbst geschaffen werden.
Amazon hat Lieferengpässe selbst verstärkt
Der Bedarf für die beantragte Sonntagsarbeit sei in dem Fall nach den Feststellungen des Berufungsgerichts jedoch auf innerbetriebliche Umstände zurückzuführen, so das Bundesverwaltungsgericht.
Ursache sei nicht der saisonbedingt erhöhte Auftragseingang gewesen, das Unternehmen habe vielmehr die Lieferengpässe maßgeblich verstärkt, weil es kurz vor dem Weihnachtsgeschäft eine kostenlose Lieferung am Tag der Bestellung zugesagt habe.
KAB will weiter den arbeitsfreien Sonntag verteidigen
Die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) begrüßte das Urteil. "Erneut hat ein Gericht den Schutz des arbeitsfreien Sonntags höher gestellt als fadenscheinige Wirtschaftsinteressen der Amazon-Tochter", erklärte Bundespräses Stefan-B. Eirich am Mittwoch in Köln. "Das Urteil ist eine deftige Ohrfeige für den Onlinehändler."
Das Bundesverwaltungsgericht habe damit das Jahrhunderte alte Recht auf einen arbeitsfreien Sonntag, wie es das Grundgesetz und das Arbeitsschutzgesetz vorgebe, erneut gestärkt. "Dennoch müssen wir weiterhin wachsam sein und den arbeitsfreien Sonntag verteidigen", betonte Eirich.