Das bekräftigte der Berliner Erzbischof Heiner Koch am Mittwoch in einem Interview des Portals katholisch.de.
Der Verwaltungschef des Erzbistums, Generalvikar Manfred Kollig, räumte in dem Interview ein, es sei noch nicht klar, "wann erste Ergebnisse vorliegen und öffentlich kommuniziert werden können". Die Berliner Diözesanvorsitzende des Katholischen Deutschen Frauenbundes (KDFB), Barbara John, kritisierte, das Gutachten sei nicht als Chance für einen Wendepunkt genutzt worden, "wie das Erzbistum Berlin umgeht mit Betroffenen, mit Tätern und mit schweigenden Verantwortlichen".
Das Erzbistum hatte das bei der Anwaltskanzlei Redeker Sellner Dahs in Auftrag gegebene Gutachten am vergangenen Freitag teilweise veröffentlicht. Nicht publiziert wurden der größte Teil mit Angaben über 61 Beschuldigte und Stellungnahmen dazu - unter anderen vom früheren Erzbischof, Kardinal Rainer Maria Woelki, seinem Nachfolger Koch sowie dem emeritierten Weihbischof Wolfgang Weider und dem amtierenden Weihbischof Matthias Heinrich. Diesen Studienteil soll nun eine Kommission aus jeweils drei Vertretern des Diözesanrats der Katholiken und des Priesterrats bewerten.
Konsens müsse am Ende nicht sein
Koch erklärte, erst nach der Analyse durch die Kommission gehe es um die zu ziehenden Konsequenzen, die öffentlich bekannt gegeben würden. "Wir müssen am Ende nicht einer Meinung und schon gar nicht meiner Meinung sein", betonte der Erzbischof mit Blick auf die Kommission.
"Wenn wir uns nicht einigen können, stellen wir auch unterschiedliche Positionen transparent dar." Zur Frage, warum er nicht konkrete Namen von Verantwortlichen genannt habe - wie der Aachener Bischof Helmut Dieser seinen Amtsvorgänger Heinrich Mussinghoff -, sagte Koch: "Es gab in Aachen einen anderen Auftrag, und es gibt entsprechend ein anderes Gutachten."
Auch Kollig erklärte, er müsse weiter "um Geduld bitten". Es gebe in der katholischen Kirche noch immer kein Disziplinarrecht. Deshalb müsse das Erzbistum selbst Maßstäbe für ein Fehlverhalten und das Strafmaß festlegen. Welche konkrete Verantwortung die Vorgesetzten von Missbrauchstätern in den einzelnen Fällen hätten, werde jetzt bewertet. "Dass Menschen uns diese Art von Sorgfalt als Verzögerungstaktik auslegen, können wir nicht beeinflussen", so der Generalvikar.
Koch und Kollig äußerten sich auch zum Fall eines Priesters, der bei einer Freizeitveranstaltung im Jahr 2013 gemeinsam mit einem Kommunionkind ein einem Zimmer übernachtet hatte. "Es macht mich sprachlos, das so etwas nicht als völlig indiskutabel erachtet wird", sagte der Erzbischof. Der Generalvikar ergänzte, der Fall zeige, dass trotz der Präventionsschulungen noch nicht alle Kirchenmitarbeiter "ausreichend sensibilisiert" seien.