DOMRADIO.DE: Das Internat existiert seit über 100 Jahren. Sie waren selbst dort Schüler. Wie schmerzhaft ist diese bevorstehende Schließung jetzt für Sie und auch das Kloster?
Abt Barnabas Bögle OSB (Kloster Ettal): Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht. Natürlich hängen da auch unsere Gefühle dran. Ich war selbst Schüler dort. Ich war dort auch als Pädagoge tätig. Aber es ist natürlich so: Wir müssen es in einem größeren Zusammenhang sehen. Wir haben, wenn wir die Jahrhunderte zurückblicken, in Ettal immer wieder verschiedene Schulen gehabt, manchmal waren es größere, dann waren es wieder kleinere.
Für uns ist es einfach so, diese sehr gesunkene Zahl, wir sprechen jetzt zurzeit von etwa 30 Schülerinnen und Schülern in unserem Internat, das ist einfach auch von der Organisation her und auch aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr zu tragen. Da gibt es mehrere Ursachen, die dazu geführt haben.
DOMRADIO.DE: Unter anderem bestimmt auch die Missbrauchsfälle.
Abt Barnabas: Die gehören wahrscheinlich auch dazu. Auf jeden Fall ist es so: Seit etwa Mitte der 90er-Jahre sind es immer weniger Schüler geworden. Das hat ganz generelle Gründe. Aber dann, nach Bekanntwerden der Missbrauchsvorfälle, gab es natürlich auch sinkende Zahlen. Zunächst nicht, aber dann doch im Laufe der Jahre. Das mag sicher eine Rolle spielen.
DOMRADIO.DE: In drei Jahren schließt das Internat. Wie wollen Sie denn den Schülerinnen und Schülern, die dort jetzt noch bei Ihnen sind, den Übergang weg vom Internat ermöglichen?
Abt Barnabas: Also wir haben ganz bewusst Sommer 2024 als Zäsur gewählt – und zwar aus dem Grund, dass dann in Bayern das Modell des achtjährigen Gymnasiums ausläuft. Das heißt, alle, die in diesem Zyklus an unsere Schule gehen, die können noch im Internat bleiben und das Abitur machen. Die anderen, das sind die unteren Klassen, da haben die Kinder zusammen mit ihren Eltern über drei Jahre Zeit, einen Weg zu suchen und zu finden. Selbstverständlich sind unsere Pädagogen, unsere Lehrkräfte auch bereit, mit Rat zur Seite zu stehen und einen guten Weg zu finden.
DOMRADIO.DE: Jetzt habe ich auch gelesen, das Internat schließt zwar, aber das Gymnasium und das Tagesheim – die sollen erhalten bleiben?
Abt Barnabas: Die sollen nicht einfach nur erhalten bleiben, sondern wir werden gerade in Schule und Tagesheim mehr investieren, um dieses kleine Gymnasium – es ist ja wirklich ein kleines mit etwa 250 Schülerinnen und Schülern – zu erhalten. Es soll erhalten bleiben als Gymnasium mit einem ganz eigenen Zuschnitt, sehr persönlicher Zuwendung, mit einer besonderen Vertiefung des musischen Bereichs, der Sprachen und natürlich letztendlich der Vermittlung des Christlichen und der Prägung durch das christliche Menschenbild.
DOMRADIO.DE: Wie alle Orden kämpfen ja auch die Benediktiner mit Nachwuchsmangel. Wie sicher sind Sie denn, dass Sie die Schule auch in den kommenden Jahren weiter so erhalten können und nicht nur erhalten, wie Sie sagen, sondern tatsächlich auch noch weiter ausbauen und immer wieder hier und dort an einem Zahnrädchen drehen können?
Abt Barnabas: Natürlich haben wir auch das Problem, dass die Mönchsgemeinschaft kleiner wird. Aber ich denke, dass wir zusammen mit einem jetzt gerade sehr jungen Kollegium von Lehrerinnen und Lehrern, die sehr engagiert sind, die ganz bewusst auch zum Teil an unsere Schule gegangen sind, wegen des benediktinischen, des kirchlichen Hintergrundes, dass wir zusammen mit denen durchaus diese kirchliche Prägung weiter vorantreiben können und mit dieser kirchlichen Prägung den Schulalltag gestalten können.
DOMRADIO.DE: Also Sie sind traurig, aber stecken den Kopf nicht in Sand?
Abt Barnabas: Nein, das ist keine christliche Haltung.