Der Hamburger Erzbischof solle so lange auf sein Bischofsamt verzichten, bis die Vorwürfe aus seiner Amtszeit als Personalverantwortlicher im Erzbistum Köln vollständig geklärt seien, heißt es in einem am Sonntag in Hamburg veröffentlichten Beschluss der Verbandsversammlung des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ): "Unser Erzbischof darf sich auch einer Veröffentlichung der Studie der Münchener Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl nicht länger in den Weg stellen, um eine Aufklärung der Missbrauchsfälle in Köln zu ermöglichen", erklärte BDKJ-Diözesanvorsitzende Joana Düvel.
Heße wollte sich auf Nachfrage nicht zu der Forderung des BDKJ äußern. Der Erzbischof habe bereits den Vatikan über die Vorwürfe gegen seine Person informiert, sagte sein Sprecher am Montag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Die Entscheidung über seinen Verbleib im Amt liege nun in Rom. Heße arbeite konstruktiv mit den Autoren eines neuen Gutachtens zusammen. Auch sei es nicht richtig, dass er einer Veröffentlichung der Münchener Untersuchung entgegenwirke.
Vorwurf: Vertuschung von Missbrauchsfällen
Die bisher unveröffentlichte, vom Erzbistum Köln beauftragte Studie wirft Heße laut Medienberichten vor, in seiner Zeit als Personalchef in Köln Missbrauchsfälle vertuscht zu haben. Heße hatte die Anschuldigungen seit Bekanntwerden im September stets zurückgewiesen.
Das Erzbistum Köln hatte er kurz vor der geplanten Veröffentlichung der Studie auf eine mögliche Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte aufmerksam gemacht und auch juristische Schritte nicht ausgeschlossen. Inzwischen hat das Erzbistum Köln ein neues Gutachten zum Umgang mit sexuellem Missbrauch in Auftrag gegeben, das bis zum 18. März vorliegen soll. Heße ist seit 2015 Erzbischof von Hamburg und war zuvor ab 2006 Personalchef und von 2012 bis 2015 Generalvikar im Erzbistum Köln.
Forderung an alle Bischöfe
Der BDKJ Hamburg forderte alle katholische Bischöfe auf, ihre Schuld eindeutig zu bekennen und persönliche Verantwortung zu übernehmen. "Bis heute hat kein deutscher Bischof wegen des Missbrauchsskandals Konsequenzen gezogen", kritisierte Düvel. "Wir können unsere Kirche erst erneuern, wenn sich unsere Amtsträger endlich ihrer Verantwortung stellen."
Vom Erzbistum Hamburg verlangte die Jugendorganisation, eine umfassende Aufklärung der Missbrauchsfälle zu ermöglichen und die rechtlichen Voraussetzungen zur Öffnung der kirchlichen Archive analog zum Stasi-Unterlagengesetz zu schaffen. Das Erzbistum solle sich bei der Deutschen Bischofskonferenz und der Deutschen Ordensoberenkonferenz für eine Öffnung sämtlicher relevanter Archive in allen deutschen Bistümern und Orden einsetzen, so der BDKJ Hamburg, der Dachverband der katholischen Jugendverbände im Erzbistum ist.