KNA: Die neun Benediktiner des oberbayerischen Klosters Schäftlarn bekommen am 1. September Zuwachs. Der bisherige Münchner Diözesanpfarrer Peter Vogelsang hat sich entschieden, Ordensmann zu werden. Statt Chef von 75 hauptamtlichen Mitarbeitern im Pfarrverband Schäftlarn will er künftig Teil der Mönchsgemeinschaft sein.
Abt Petrus, Pfarrer Peter Vogelsang will mit 55 Jahren ins Kloster eintreten. Ist das nicht ein ungewöhnliches Alter für einen Ordensneuzugang?
Abt Petrus Höhensteiger: Das scheint nur so. Lange traten vor allem junge Männer ins Kloster ein. Aber inzwischen hat sich da einiges verändert. Heute entscheiden sich Leute oft erst dafür, wenn sie sich die Hörner schon ein wenig abgestoßen haben. Das ist nicht so ungewöhnlich und kann von Vorteil sein. Letztlich kommt es auf den einzelnen Menschen an.
Wir hatten zum Beispiel mit Frater Walter einen langjährigen Pförtner, den alle kannten und schätzten. Der ist mit 50 eingetreten und dann noch 20 Jahre bis zu seinem Tod bei uns gewesen. Es hängt davon ab, ob es passt. Denn jede Gemeinschaft hat ihren eigenen Stallgeruch.
KNA: Der heilige Benedikt gibt in seiner Regel Hinweise, wie mit Priestern umzugehen ist, die eintreten wollen. Hilft Ihnen das heute noch?
Abt Petrus: Als Benedikt um 540 seine Regel schrieb, waren Priester im Kloster die Ausnahme. Man muss dazu wissen, dass die Klöster damals in erster Linie von der Landwirtschaft lebten. Das trifft heute nicht mehr zu. Das Zahlenverhältnis ist meist ausgewogen, bisweilen gibt es mehr Patres als Brüder. Für Benedikt war es wichtig, dass derjenige, der sonntags der Eucharistie vorsteht, nicht glaubt, etwas Besonderes zu sein. Gleiches gilt für jene Mönche, die als Prior, Cellerar oder auch als Abt eine besondere Funktion innehaben. Sie sollen nicht der Versuchung des Machtmissbrauchs erliegen.
KNA: Mit 55 Jahren hat man schon ein Leben hinter sich. Vogelsang trug als Pfarrer Verantwortung und muss sich jetzt einfügen. Er sagt selbst, er fange von ganz unten wieder an. Geht das so einfach?
Abt Petrus (lacht): Ich hoffe, er hat auch noch ein Leben vor sich. Mir ist wichtig, immer die Lebenssituation des Bewerbers anzuschauen.
Da ist es egal, ob er 20 oder viel älter ist. Ein Mensch wie Pfarrer Vogelsang ist eine gefestigte Persönlichkeit, die weiß, wo sie hin will. Der Eintritt war sein Wunsch. Es ist mehr für ihn als für die Gemeinschaft eine Herausforderung, sich einzufügen. Ich mache mir da keine großen Sorgen. Dazu kommt, dass er lange mit uns Benediktinern verbunden ist. Der Rest, was die Versicherungen etwa in Bezug auf die Altersvorsorge betrifft, wird von unserer Seite - in Abstimmung mit ihm - geregelt.
KNA: Als Hauptgrund für seinen Wechsel gab Vogelsang an, als katholischer Priester im Alter nicht allein sein zu wollen. Reicht das, um der Benedikt-Regel gerecht zu werden?
Abt Petrus: Auch wenn er das gesagt hat, reicht es natürlich nicht.
Das darf man ihm aber nicht unterstellen. Er hat sich sehr intensiv mit dem benediktinischen Leben auseinandergesetzt und kam immer gerne zu den Gebetszeiten. Der heilige Benedikt nennt als absolute Voraussetzung für ein Ordensleben: Man soll prüfen, ob der Bewerber wahrhaft Gott sucht. Wenn jemand sich nur für sein Alter eine Bleibe sucht und sich deshalb ins Kloster einschleicht, dann würde das nicht hinhauen. Dafür ist dieses Leben zu anstrengend. Selbst wenn wir hier in Europa eine sehr bürgerliche Form des Klosterlebens praktizieren.
KNA: Können Sie ein Beispiel nennen, warum Sie einen Bewerber abgelehnt haben?
Abt Petrus: Einen Fall habe ich in guter Erinnerung. Da zeigte sich schon früh, dass das nix wird. Derjenige war schlicht nicht bereit, sich in die Ordnung unseres täglichen Lebens einzufügen. Wenn jemand Schwierigkeiten hat, regelmäßig in das Chorgebet zu kommen oder an den gemeinsamen Mahlzeiten teilzunehmen, ja sich überhaupt in die Gemeinschaft einzubringen, dann läuten die Alarmglocken. Derjenige merkte das dann selbst auch. So trennte man sich rechtzeitig in gegenseitigem Einvernehmen.
KNA: Deshalb gibt es ja Probezeiten.
Abt Petrus: Genau. Das Postulat dauert etwa ein halbes Jahr. Dann folgt ein ein- bis zweijähriges Noviziat, danach die erste Profess, bei der man sich für drei Jahre durch sein Gelübde bindet. Am Ende steht die Ewige Profess. Wenn Unsicherheiten aufkommen, lassen sich die Probezeiten verlängern. Wichtig ist, im ständigen Gespräch zu sein, um den Betreffenden beim Hineinwachsen zu helfen.
KNA: Welche Kriterien legen Sie grundsätzlich an?
Abt Petrus: Vom Ordens- und Kirchenrecht ist festgelegt, dass der Bewerber volljährig sein muss und eine abgeschlossene Berufsausbildung oder einen Schulabschluss hat. Als inneres Kriterium gilt neben der Suche nach Gott, dass man schauen soll, ob er Eifer für den Gottesdienst hat. Überschreiben lässt sich dies mit den lateinischen Worten "Ora et labora et lege" (Bete und arbeite und lies). Gemeint ist das Lesen der Heiligen Schrift, mit der wir jeden Tag konfrontiert sind.
KNA: Worauf muss man sich noch einstellen?
Abt Petrus: Wichtig ist die Offenheit für die Gegenwart Gottes und die Sehnsucht nach ihm - sonst geht man im Kloster unter. Und auf die Gemeinschaft muss man sich einstellen. Jesus sagt, dass es Gott ohne den Nächsten nicht gibt. Die Mitbrüder sind oft eine Herausforderung, an denen ich mich reibe, an denen ich aber auch wachsen kann. Es menschelt im Kloster. Ich bin hier nicht als Einsiedler. Jeder hat Phasen, wo er gerne die Türe hinter sich zumacht, um in Ruhe gelassen zu werden. Da muss man aber wieder herausfinden. Von dem Jesuiten Franz Jalics stammt der Satz: "Man kann an den Beziehungen, die ich zu anderen habe, ablesen, wie meine Beziehung zu Gott ist."
Das Interview führte Barbara Just.