DOMRADIO.DE: Wie geht es Ihnen nach einem Jahr unter Corona-Einschränkungen?
Tamara Häußler (Pressesprecherin Deutscher Verein vom Heiligen Lande): Wir versuchen, den Mut nicht zu verlieren, sondern den Kopf über Wasser zu halten. Wenn man vom Deutschen Verein vom Heiligen Lande spricht, um es denjenigen mal deutlich zu machen, die vielleicht eine abstrakte Organisation vor Augen haben, dann ist es so, dass wir für ganz viele Menschen, Christinnen und Christen, da unten im Heiligen Land verantwortlich sind.
Wir haben zwei Gästehäuser, bei denen wir der Arbeitgeber sind und wo wir die Menschen nicht mehr anstellen können, weil die Gäste ausbleiben. Wir haben eine Schule in Ost-Jerusalem, die mal geöffnet, mal geschlossen wird, wo uns aber ganz wichtig ist, dass die Mädchen eine gute Schulbildung bekommen. Wir haben ein Alten- und Pflegeheim im Westjordanland, wo wir natürlich immer wieder große Sorge haben, dass uns da das Corona-Virus auch ereilt.
Ganz wichtig ist auch einfach die Situation vieler Eltern der Schüler, die im Tourismus beschäftigt sind und plötzlich das Schulgeld nicht mehr zahlen können.
Und uns treibt natürlich auch um, dass viele Projekte einfach nicht mehr durchführbar sind. Wir stehen als Organisation für das ganze Thema Versöhnung und Friedensarbeit. Wenn dann eine Behindertenbegegnungsstätte wie Beit Noah in Tabgha leer steht, tut uns das schon weh. Wir sehen einfach, dass der Bedarf immer größer wird. Gleichzeitig fehlen uns immer mehr die Mittel. Also, wir sind da in einer extrem schwierigen Situation.
DOMRADIO.DE: Schauen wir mal besonders auf die Pilger. Pilgerströme kommen natürlich gerade gar nicht. Die Arbeit liegt wirklich komplett brach, oder?
Häußler: Wir hätten nicht so viel überlebt, sag ich mal, wenn wir nicht immer kreativ und und ideenreich wären. Ich glaube, das macht uns auch ein bisschen aus, dass wir einfach schnell auf Situationen reagieren. In den Gästehäusern ist es beispielsweise so, dass wir dieses Haus in Tabgha, das eigentlich ein Pilgerhaus für ausländische Pilgergäste ist, für Menschen aus Israel attraktiv gemacht haben.
Die Israelis entdecken gerade diese Oase in Tabgha am See Genezareth. Wir versuchen da schon alles, um das Haus irgendwie lebendig zu halten. Aber es ist natürlich so, dass unsere ganze Pilgerarbeit eine unserer Säulen ist. Wenn die wegbricht, dann ist das für uns natürlich insofern traurig, weil wir auch den Auftrag haben, dass wir Menschen aus Deutschland an die Ursprungsstätten unseres Glaubens bringen wollen. Wir möchten sie mit dem Heiligen Land in Verbindung bringen, denn - ich weiß das aus eigener Erfahrung - es ist unglaublich, dort zu sein. Das macht mit einem persönlich etwas.
Aber diese Erfahrung können wir im Moment den Menschen nicht bieten. Das ist für uns auf der Ebene auch noch mal ganz schwierig. Abgesehen natürlich davon, dass wir den Menschen vor Ort auch in dem Moment keine Arbeit geben können.
DOMRADIO.DE: Trotzdem klingen sie so hoffnungsfroh. Sie strahlen ja schon aus, dass sich da auch neue Türen öffnen, wenn sich andere schließen, oder?
Häußler: Wir sind so ein kleiner Laden mit 14 Leuten oder so in Köln und großartigen Menschen im Heiligen Land. Und wir alle stehen für diese Idee, dass wir den Menschen im Heiligen Land, den Christinnen und Christen, Zukunft geben möchten und sie unterstützen möchten, dort zu bleiben. Das ist ja dieses riesengroße Problem, dass die Menschen dort keine Perspektive mehr für sich sehen und wegwollen. Für uns und für ganz viele Christinnen und Christen ist dieses Land und die Verbindung zu den Menschen dort unten so unglaublich wichtig.
Wir sehen jeden Tag, wie sehr diese Menschen unsere Solidarität brauchen als Christinnen und Christen hier in Deutschland und überall auf der Welt. Da können wir uns von nichts irgendwie den Mut nehmen lassen. Ich glaube, dass uns das in diesem Gemeinsam, in diesem solidarischen Miteinander für die Menschen im Heiligen Land, auch immer gut gelingt.
DOMRADIO.DE: Eine sehr unterstützenswerte Arbeit, die sie da leisten. Deswegen lassen sie uns kurz noch über den Palmsonntag sprechen. Traditionell wird am Palmsonntag in den Gottesdiensten für Ihren Verein gesammelt. Das ging letztes Jahr schon nicht wegen Corona. Auch in diesem Jahr gibt es weniger Präsenzgottesdienste. Was sind Alternativen, um Sie zu unterstützen?
Häußler: Ja, das ist tatsächlich ein riesengroßes Problem. Nur, um das einmal deutlich zu machen: Die Palmsonntagskollekte ist unsere Haupteinnahmequelle. Die liegt in der Regel bei ungefähr einer Million Euro. Im letzten Jahr hatten wir trotz aller Anstrengungen nur rund 390.000 Euro. Wir leben im Moment also auch von unseren Reserven. Wir brauchen dringend Unterstützung - nicht wir als Organisation, sondern für die Menschen da unten.
Unter www.palmsonntagsaktion.de kann man für die Menschen im Heiligen Land aus Anlass des Palmsonntags spenden. Man kann auch Mitglied werden im Deutschen Verein vom Heiligen Lande. Da gibt es viele Möglichkeiten, dort zu unterstützen und tätig zu werden und natürlich auch, wenn es wieder geht, ins Heilige Land zu reisen.
Und, was auch eine ganz großartige Möglichkeit ist, junge Menschen mit einem Freiwilligendienst ins Heilige Land zu entsenden. Ganz aktuell ist es tatsächlich für uns ganz wichtig, einfach weil wir viele Anträge auf Nothilfen haben, wirklich über die Palmsonntagskollekte fürs Heilige Land zu spenden.
Das Interview führte Verena Tröster.