DOMRADIO.DE: Der Benediktinerbruder Abraham Sauer aus Münsterschwarzach wurde am Landgericht Kitzingen angeklagt, mit seinem Kirchenasyl geltendes Recht umgangen zu haben. Am Montagvormittag kam der Freispruch. In der Begründung heißt es, der Bruder habe eine Straftat begangen, sich aber nicht schuldig gemacht. Wie ordnen Sie das Urteil ein?
Stephan Theo Reichel (Erster Vorsitzender von "Matteo e.V." und ehemaliger Kirchenasyl-Koordinator der Bayerischen Landeskirche): Die Richterin bezog sich auf die Glaubens- und Gewissensfreiheit. Insofern ist das eindeutig, da gerade Bruder Abraham das glaubwürdig aus diesen Gründen gemacht hat.
Insofern hat sich das bestätigt, was wir immer sagen: Kirchenasyl ist zwar kein niedergeschriebenes Recht, aber wir machen es gelegentlich, weil der Rechtsstaat im Asylrecht versagt, auch in den vielen Fällen, die Bruder Abraham betreut hat. Wir machen das aus unserer religiösen und christlichen Überzeugung heraus – Matthäus 25:35 – das Gebot, sich um Fremde zu kümmern und sie aufzunehmen, sie nicht ins Verderben zu schicken. Das beherzigen wir und das hat auch Bruder Abraham so getan, was jetzt die Richterin offenbar bestätigt hat.
DOMRADIO.DE: Sie kennen Bruder Abraham und das Kloster Münsterschwarzach. Wie ist sein Engagement einzuordnen?
Reichel: Er lebt ja in diesem noch relativ großen und stabilen Benediktinerkloster. Auch in unserem Verein Matteo e.V. sind viele Orden und Klöster Mitglied. Die Klöster nehmen den Schutz der Geflüchteten besonders ernst und gewähren auch besonders oft Kirchenasyl. Da ist Münsterschwarzach ganz vorne dabei. Bruder Abraham ist da die treibende Kraft.
DOMRADIO.DE: Warum wurde gerade dieser Bruder Abraham angeklagt?
Reichel: Er hat die Federführung. Das ist ja überall so, auch in den christlichen Gemeinden. Der Pfarrer, die Pfarrerin, irgendjemand hat den Hut auf. Gegen mich wurde auch schon drei Mal ermittelt.
Sie suchen sich einen raus und versuchen, den unter Druck zu setzen. Wir kennen ein nicht-mehr-geheimes Papier des letzten Justizministers Bausback (ehemaliger Bayerischer Justizminister, Anm. d. Red.) in dem steht: Wir lassen flächendeckend ermitteln in Bayern, gegen Pfarrer, Pfarrerinnen und Ordensleute. Man versucht so Druck aufzubauen, stellt die Verfahren dann aber wegen geringer Schuld ein.
Die zweite Eskalationsstufe war, es auch mal auf einen Prozess ankommen zu lassen. Das wurde nun schon öfter getan. Das hat eigentlich immer mit Freisprüchen geendet. Das ist jetzt ja nicht der erste Freispruch. Die Begründungen sind unterschiedlich. Es hat immer mit Freispruch geendet, man kommt da nicht weiter.
Das ist ein bayerisches Phänomen. Ganz Deutschland wundert sich, warum man in Bayern das strafbar sein soll, was woanders nicht strafbar ist. Wir sehen ja, dass auch die bayerischen Gerichte einfach nicht mitspielen bei dieser Strategie, die offen von der Staatsregierung gesteuert wird, auch von Herrn Söder.
DOMRADIO.DE: Das heißt, dieser Freispruch ist für Sie eine Bestärkung in Ihrer Arbeit?
Reichel: Das sicher. Wobei ich immer entspannt war. Ich habe auch guten Kontakt zur ebenso bekannten Mutter Mechthild. Eine starke Frau, die gesagt hat, sie würde auch ins Gefängnis sein, wenn es sein müsste.
Das Kirchenasyl geschieht ja im Rahmen behördlicher Absprachen mit den Kirchen. Es geschieht im Rahmen von Tolerierungserklärungen aller Innenminister, auch von Innenminister Herrmann in Bayern. Der hat noch vor wenigen Jahren erklärt, er schätzt die große Tradition des bayerischen Kirchenasyls und toleriert sie auch.
Das passt ja alles nicht zusammen mit diesen merkwürdigen Strafverfolgungen. Vielleicht sollte man auch mal eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Staatsanwälte einleiten, die sowas betreiben.
Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.