Bedeutung der Weltsynode für den Reformprozess in Deutschland

"Schöner geht es eigentlich doch nicht"

Geplant war eine Bischofssynode, daraus geworden ist ein weltweiter synodaler Weg, angelegt auf zwei Jahre. Doch wie kann dieser Weg aussehen? Und was bedeutet die weltweite Synode für den Reformprozess in Deutschland?

Symbolbild Abstimmung (Archiv) / © Harald Oppitz (KNA)
Symbolbild Abstimmung (Archiv) / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: Was hat der Papst genau vor?

Ingo Brüggenjürgen (Chefredakteur DOMRADIO.DE): Der Papst zeigt und präsentiert sich auch in hohem Alter noch sehr lebendig und schickt gleich seine ganze Kirche, also gut 1,3 Milliarden Christen, auf einen weltweiten synodalen Weg. Wir halten mal fest: Wir kannten bisher Konzilien, die fanden nicht so oft statt, aber es gab regelmäßige Bischofssynoden alle zwei bis drei Jahre. Seit dem Zweiten Vatikanum kennt man das.

Und der Papst hat jetzt eine neue Form ins Leben gerufen. Eine sogenannte Weltsynode, einen weltsynodalen Weg, auf den sich die Kirche jetzt unter dem Stichwort "Synode über Synodalität" macht. Das klingt in unseren Ohren noch ein wenig gewöhnungsbedürftig. Es ist auch keine reine Nabelschau, aber Kirche verändert sich halt. Das Ganze muss vielleicht ein neues Gesicht bekommen, neu einsortiert werden und darum bemüht sich Papst Franziskus mit diesem neuen synodalen Weg.

DOMRADIO.DE: Wie genau soll sich denn diese Weltsynode auf den Weg machen? Was ist wie geplant?

Brüggenjürgen: Vielleicht das Wichtigste vorab: Es geht um einen Prozess. Es ist also nicht irgendwie nun mal eine einwöchige oder zweiwöchige Tagung in Rom, so wie wir das vielleicht kennen, sondern es geht jetzt im Oktober bereits los, zunächst in Rom und dann eine Woche später in allen Diözesen vor Ort weltweit.

Wir haben über 4.000 Diözesen weltweit, also Kirchenbezirke, in denen jeweils ein Bischof eine Diözese leitet. Da wird man zunächst auf lokaler Ebene gemeinsam mit Fachleuten, Universitäten, Experten, eben auch dem Klerus gemeinsam die Sache ausloten.

Das Ganze wird in Rom zusammengetragen und dann versucht man mit einem Arbeitspapier, die Kontinente sozusagen noch mal zusammenzufassen. Und von der Ebene der Kontinente geht das Ganze dann als erneutes Arbeitspapier nach Rom, wo dann abschließend im Oktober 2023 endlich eine ordentliche Vollversammlung stattfinden wird. Also: Kirche auf dem Weg. Schöner geht es eigentlich doch nicht.

DOMRADIO.DE: Wie sieht es denn überhaupt in der Weltkirche aus? Wir haben ja oft nur die eigene Kirche im Blick.

Brüggenjürgen: Das ist natürlich ein sehr plurales, ein sehr diverses Bild, was wir feststellen. Denken wir an die Christen in Afrika. Die sind teilweise aufgrund der gesellschaftlichen Entwicklungen weit von Genderfragen entfernt, die uns vielleicht bedrücken oder auch den Segen für Homosexualität. In Afrika hat man andere Probleme, wie auch zum Beispielin Lateinamerika, wo sich die Kirche gegenwärtig sehr zerrissen präsentiert. Auf der einen Seite stehen viele Probleme wie Armut, Ausbeutung, Korruption und auf der anderen Seite dann der richtige Weg der Kirche.

Das gleiche gilt für eine zerrissene Kirche in den USA und auch in Europa. Man kann vielleicht sagen, je westlicher sich gegenwärtig die Kirche präsentiert, desto problematischer zeigt sie sich. Da, wo sie sich sozusagen noch "in alten Gefilden" befindet, scheint die Welt noch in Ordnung. Aber der Papst hat eben deutlich gemacht: Man muss sich hier gemeinsam auf den Weg machen.

Vielleicht ist das auch ein Weg wo nicht mehrheitlich abgestimmt wird, sondern, da hat er Wert darauf gelegt, synodal, also geschwisterlich, gemeinsam nach dem richtigen Weg geschaut wird. Vielleicht gibt es auch ein unterschiedliches Tempo in unterschiedlichen Erdteilen.

DOMRADIO.DE: In Deutschland haben wir schon den Synodalen Weg der Kirche. Was bedeutet diese neue Entscheidung aus Rom, dieser weltweite synodale Weg jetzt für den Reformprozess in Deutschland?

Brüggenjürgen: Am Wochenende waren diesbezüglich deutliche Stimmen gerade von den Verantwortlichen, die die Kirche hier auf diesen Synodalen Weg geschickt haben, zu vernehmen (Es haben sich unter anderem der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing und die Pressesprecherin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Petra Baas, geäußert; Anm. d. Red.). Aber auch der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki hat sich sehr erfreut gezeigt und die Ankündigung begrüßt. Denn es geht ihm ja wie allen anderen Bischöfen immer auch um die Einheit mit der Weltkirche.

Es gibt keinen deutschen Sonderweg, den weisen alle Verantwortlichen von sich, aber es gibt die Probleme, die uns unter den Nägeln brennen: Stichwort Klerikalismus, Stichwort Missbrauch, Stichwort Rolle der Frau, Stichwort Machtverteilung.

All das sind Fragen, die die Kirche nicht nur hier in Deutschland, sondern auch überall in Europa, aber auch überall in der Welt zunehmend beschäftigen. Von daher wird man jetzt abwarten müssen, wie die verschiedenen synodalen Wege, die wir hier in Deutschland haben, die es aber auch teilweise als Synoden schon in anderen Bereichen der Welt gibt, zusammengefasst und zusammengeführt werden können.

Auf jeden Fall besteht durch diesen neuen Prozess die Möglichkeit, dass über die Bischöfe - nicht über die Laien, sondern über die Bischöfe - dann doch Inhalte zusammengetragen werden können, sodass dann abschließend in Rom beraten wird und man vielleicht doch über einen neuen Weg abstimmen kann.

Das Interview führte Michelle Olion.


Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen / © Edgar Schoepal (DR)
Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen / © Edgar Schoepal ( DR )
Quelle:
DR
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