DOMRADIO.DE: Was genau ist oder macht die Kleruskongregation?
Ulrich Nersinger (Vatikanexperte): Die Kleruskongregation ist eigentlich eine sehr alte Kurienbehörde. Sie wurde 1564 von Papst Pius IV. eingesetzt und zwar unter dem Namen Konzilskongregation. Sie sollte damals die Beschlüsse des Trienter Konzils umsetzen. Zudem war es ihre Aufgabe zu beobachten, wie die Beschlüsse umgesetzt werden und dann natürlich auch die Interpretation der Konzilsbeschlüsse zu leisten. Jahrhunderte später hat dann Papst Paul VI. diese Kongregation 1967 umbenannt in Kleruskongregation: Sie sollte sich dann speziell dem Klerus widmen, den Priestern, den Diakonen und dann natürlich auch deren Zusammenarbeit mit den Laien.
DOMRADIO.DE: Und diese Kongregation soll jetzt im Namen des Papstes kontrolliert werden, berichtet das "America Magazine" aus den USA. Das ist allerdings bisher noch nicht offiziell. Was ist denn dazu bereits bekannt?
Nersinger: Wir wissen, dass eine Person ernannt worden ist, ein Bischof aus Piemont, Egidio Miragoli, der Bischof von Modovi, der Gespräche führen soll mit den Mitarbeitern der Kongregation. Das soll schon an diesem Mittwoch geschehen. Und er soll sich natürlich informieren über die Anliegen, über die Arbeit in der Kongregation. Er soll natürlich besonders auch darauf schauen, welche Verkrustungen, welche Erlahmungen oder welche Fehlentwicklungen es in dieser Kongregation in den letzten Jahren gegeben hat.
DOMRADIO.DE: Vor wenigen Monaten hatte Franziskus schon die interne Visitation der Gottesdienstkongregation verfügt. Ist das ein ganz normaler Vorgang?
Nersinger: Normal nicht, aber ich denke, es sind die vorbereitenden Schritte, die der Papst setzen möchte für die von ihm angekündigte und versprochene Kurienreform. Das sind eigentlich ganz normale Schritte. Nur was auch mich ein wenig stört ist, dass das zu wenig transparent gemacht wird, dass man irgendwelche Nachrichten über die Aktivitäten von Visitationen mehr oder weniger aus zweiter, dritter oder vierter Hand erfährt. Also da würde ich mir eine größere Transparenz wünschen, weil das natürlich das Ganze in ein besseres Licht rückt, in ein durchaus auch eigentlich positives Licht.
DOMRADIO.DE: Wie interpretieren Sie das denn jetzt, als Versuch des Papstes den Laden sozusagen zusammenzuhalten, ordentlich in den Griff zu kriegen?
Nersinger: Es ist ja interessant zu sehen, dass gerade diese Kongregation ja früher Konzilskongregation hieß. Und ich denke, der Papst möchte, dass die Anliegen und Reformvorschläge des Zweiten Vatikanischen Konzils wieder stärker in unser Bewusstsein kommen und noch stärker umgesetzt werden. Das ist ihm ein Hauptanliegen auch der Kurienreform, das wirklich das, was das Konzil wollte, die Kirche auch in die Welt hineintragen, wieder klarer wird.
Dazu haben wir ja eine ganze Reihe von Entwicklungen. Das sind ja nicht die einzigen Visitationen, die wir in den letzten Wochen und Monaten erlebt haben. Dann gibt es natürlich auch wieder Gerüchte, dass der Papst die bisher großzügige Nutzung der alten Messe wieder einschränken möchte, auch mit Blick auf die nachkonziliare Liturgiereform. Also ich denke, der Papst hat hier vor allen Dingen das Zweite Vatikanum im Blick und die erneuerte Umsetzung, die dann eben eine wirkliche Reform der Kurie hervorruft.
DOMRADIO.DE: Papst Franziskus hat ja wiederholt gesagt, dass er ganz klar gegen Klerikalismus ist. Inwieweit spielt denn die Kleruskongregation da jetzt eine Rolle?
Nersinger: Das sehe ich eigentlich nicht, denn die Kleruskongregation hat bisher auch zum Beispiel sehr viele Laien-Mitarbeiter gehabt. Aber auch die Arbeit an sich ist ja natürlich auf bestimmte Gruppen gerichtet. Aber ich denke nicht, dass da der Klerikalismus eine große Rolle spielt. Vielleicht kann man auch noch später vorbeugen, indem man mehr Laien in die Kongregation beruft, also Frauen und Männer. Das, denke ich mir, wäre vielleicht ein Schritt, um auch solchen Vermutungen entgegenzuwirken.
Das Interview führte Dagmar Peters.