Die bisherige Praxis von allein auf Honorarbasis tätigen muslimischen Seelsorgerinnen und Seelsorgern sei mittel- bis langfristig nicht zielführend, sagte der Direktor des Instituts für Islamische Theologie (IIT), Bülent Ucar, am Dienstag zum Abschluss eines einjährigen Forschungsprojekts. "Es sind eigenständige Stellen zu schaffen, wie in der evangelischen und katholischen Gefängnisseelsorge", so Ucar.
Das vom niedersächsischen Justizministerium mit 341.000 Euro finanzierte Projekt hatte Erwartungen an eine professionelle muslimische Gefängnisseelsorge erforscht, Themen und berufliche Standards formuliert sowie Kooperationsmöglichkeiten untersucht. Ucar übergab am Dienstag in Osnabrück den Abschlussbericht an Staatssekretär Frank-Thomas Hett vom Justizministerium.
Fehlende Räume
Die Gefangenen erwarten laut der Studie theologische, spirituelle, interreligiöse, sprachliche und psychologische Kompetenzen von muslimischen Seelsorgern. In erster Linie seien ihnen Vertrauenswürdigkeit, das Zuhören und gute Islamkenntnisse von Bedeutung.
Die Autoren beklagen unter anderem fehlende Räume in den Justizvollzugsanstalten für muslimische Gebete. Anders als bei den christlichen Konfessionen gebe es zudem keine Staatsverträge, in denen spezifische Regelungen zur muslimischen Seelsorge festgehalten seien.
Für Menschen in Krisen
Laut Hett hat das IIT mit der Studie "Pionierarbeit" geleistet. "Muslimische Seelsorge trifft im Justizvollzug ebenso wie die christliche Seelsorge auf Menschen in Krisen", so der Staatssekretär. "Umso wichtiger ist es, dass die muslimische Seelsorge wie die christliche Seelsorge eigene professionelle Standards entwickelt und etabliert."
Während es christliche Seelsorge in niedersächsischen Gefängnissen schon lange gibt, ist die muslimische noch im Aufbau. Derzeit kümmern sich landesweit nach Angaben der Universität Osnabrück 10 professionell ausgebildete sowie 9 Laienseelsorger um rund 1.000 Inhaftierte muslimischen Glaubens.