Katholische Landjugend wirbt für positiveren Blick auf Landwirtschaft

"Erwartung an Tierhaltung hat sich sehr verändert"

Wie sieht eine Landwirtschaft aus, die Tiere, Klima und Betriebe schützt? Das beantwortet ein Bericht der "Zukunftskommission der deutschen Landwirtschaft“. "Ein erster Schritt", meint die katholische Landjugend. Und eine Herausforderung.

Milchkühe fressen Heu im Stall / © Benedikt Plesker (KNA)
Milchkühe fressen Heu im Stall / © Benedikt Plesker ( KNA )

DOMRADIO.DE: Ein Jahr lang haben Beschäftigte aus Landwirtschaft, Wissenschaft, Verbraucher-, Umwelt- und Tierschutz beraten, wie eine Landwirtschaft aussehen kann, in der Tiere artgerecht gehalten werden und das Klima geschützt wird, aber auch genug Nahrung produziert und so viel verdient wird, dass landwirtschaftliche Betriebe finanziell über die Runden kommen. Herausgekommen ist ein 200 Seiten starker Bericht, den die "Zukunftskommission der deutschen Landwirtschaft" am Mittwoch Bundeskanzlerin Angela Merkel übergeben hat. Warum saßen Sie nicht in dieser Kommission? Wenn es um die Zukunft geht, sollten doch gerade die jungen Landwirtinnen und Landwirte gefragt werden. 

Sarah Schulte-Döinghaus (Bundesvorsitzende der Katholischen Landjugendbewegung Deutschlands, KLJB): Ja, da stimme ich auf jeden Fall zu. Es hat ja im Dezember 2019 den Agrar-Gipfel gegeben, der letztlich der Startpunkt dieses ganzen Prozesses war, wo wir auch daran beteiligt waren. Aber ich kann genauso gut verstehen, dass das Entwickeln einer Strategie, das Sich-Zusammensetzen, das Diskutieren mit einer sehr, sehr großen Gruppe natürlich herausfordernd ist. Umso mehr hat es mich aber gefreut, dass in der Kommission trotzdem zwei Jugend-Vertreterinnen dabei waren: nämlich Kathrin Muus vom Bund der Deutschen Landjugend - quasi das Pendant zu uns - und Myriam Rapior von der BUNDjugend

DOMRADIO.DE: Über welche Ergebnisse im Bericht haben Sie sich denn besonders gefreut? Ist da etwas Gutes bei rumgekommen? 

Schulte-Döinghaus: Insgesamt ist dieser Bericht sehr, sehr umfangreich. Es ist ein erster Schritt. Wirklich sehr gut ist aber der Aspekt, dass es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist. Das trifft den Nagel genau auf den Kopf. Es kommt auf eine Veränderung im Konsum, also auf uns alle an, genauso aber auch auf die Vermarktung, also auf die Frage, was macht der Handel mit unseren Nahrungsmitteln und auch in der Verarbeitungskette?

Und als teilweise manchmal letzter Punkt im Glied oder auch als erster zu Beginn sind die Landwirtinnen und Landwirte zu nennen, die ja direkt von Landwirtschaft beeinflusst sind. Das hat die Kommission wirklich sehr, sehr gut hinbekommen, da einen Rundumschlag zu machen. Ich kann nicht nur einen Punkt betrachten, sondern muss alles umfänglich in den Blick nehmen. 

DOMRADIO.DE: Jetzt ist es natürlich immer einfach, Forderungen in den Raum zu stellen. Was merken Sie denn bei Ihren Mitgliedern: Gibt es Beispiele dafür, dass sich konkrete landwirtschaftliche Abläufe im Blick auf Tierwohl, Artenvielfalt, Klimaschutz und diese Dinge verbessern? 

Schulte-Döinghaus: Wir haben selbst im März ein umfangreiches Positionspapier verabschiedet, wo es genau um dieses Thema ging: Um die Zukunft der Landwirtschaft. Da haben wir in den unterschiedlichsten Diskussionen festgestellt, wie herausfordernd dieser Punkt einfach aufgrund der sehr vielfältigen Landwirtschaft ist, die wir in Deutschland haben - von eher größeren Tierhaltungsbetrieben zu sehr spezialisierten Kleinbetrieben in Süddeutschland. Das alles unter einen Hut zu bekommen, ist sehr schwierig.

Wir haben viele, viele Jahre Agrarpolitik hinter uns, die exportorientiert war, die die Betriebe nochmal deutlich mehr hin zu der Frage "wachsen oder weichen" gebracht hat. Da eine Veränderung zu bewirken, ist natürlich nicht mit 200 Seiten Papier getan. Jetzt müssen weitere Schritte eingeleitet werden. Da ist die "Gemeinsame Agrarpolitik", letztlich ja das Förderinstrument der EU, ein ganz, ganz wichtiges Instrument - damit jetzt auch Taten folgen. 

DOMRADIO.DE: Angela Merkel wird den Bericht sicherlich an Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner weitergeben. Klöckner ist stellvertretende CDU-Vorsitzende und Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken. Merken Sie ihrem Handeln denn etwas von christlicher Ethik oder der Bewahrung von Schöpfung an? 

Schulte-Döinghaus: Das ist eine herausfordernde Frage. Frau Klöckner selbst hat sich auch sehr über den Bericht gefreut. Sie sagt ganz klar: Das sind schon die Wege, die das Ministerium eingegangen ist beziehungsweise gestartet hat. Da sehen wir schon, dass das ein herausfordernder Schritt ist. Bei der ethischen Perspektive gerade bei der Tierhaltung muss man aber auch immer das Soziale in den Blick nehmen. Landwirtinnen und Landwirte haben ja tagtäglich mit ihren Tieren zu tun. Und da zu sagen "na ja, ihr haltet die nicht Tierwohl-gerecht", kann man zwiespältig sehen. Die Erwartung an Tierhaltung hat sich über die letzten Jahre ja auch sehr verändert. Wir sind im Nutztierbereich, das ist schon noch ein starker Unterschied.

Gleichzeitig dafür zu sorgen, dass dieser gesamte Wirtschaftsbereich auch ökonomisch tragfähig ist, ist wirklich der spannende Punkt. Ebenso die Zielkonflikte, in denen sich die Landwirtschaft über die letzten Jahre bewegt hat. Es sind ganz, ganz viele Erwartungen auf unterschiedliche Art und Weise. Ich weiß selbst, dadurch dass ich vom landwirtschaftlichen Betrieb komme, den mein Bruder übernommen hat, mit welchen Herausforderungen man tagtäglich zu kämpfen hat - seien es gesellschaftliche Anforderungen, aber auch gesetzliche. Die sind teilweise nicht umsetzbar, weil Arbeits und -Umbaukosten gar nicht durch die Einnahmen gedeckt werden.

Wenn natürlich die Produktpreise so niedrig sind, dass ich die nächsten Schritte nicht einleiten kann oder die als so großes Hindernis sehe oder so wenig Planungssicherheit habe, dann sind das Schritte, die uns insgesamt am Fortschritt hindern. Und da hat natürlich - um wieder zurück zum Ministerium zu kommen - Frau Klöckner gute Möglichkeiten, mit der Umgestaltung der Agrarpolitik Einfluss zu nehmen. 

DOMRADIO.DE: Im September wird eine neue Regierung gewählt. Die Grünen werden voraussichtlich eine starke Stimme haben. Was könnte das für die Situation der jungen Landwirtinnen und Landwirte bedeuten? 

Schulte-Döinghaus: Auf der einen Seite glaube ich, dass der Klima-Aspekt noch vielmehr in den Blick gerückt wird. Und da ist es wichtig zu sehen, wie viel Landwirtinnen und Landwirte schon tun, wie viel Gutes auch innerhalb der Landwirtschaft fürs Klima passiert. Aber natürlich dürfen wir auch nicht die Dinge vergessen wie zu hohe Nährstoffbelastung oder Austrag in Gewässer durch Düngung und Ähnliches. Das ist ein Teil, aber nicht alles.

Die Landwirtschaft als Chance zu sehen - ich hoffe wirklich, dass dies mit einer großen Beteiligung der Grünen noch mehr fokussiert wird. Weniger "Schwarzer Peter" und mehr: Wir gehen mit der Landwirtschaft und gehen diesen Weg gemeinsam, um an unser Ziel anderthalb Grad zu kommen. 

Das Interview führte Dagmar Peters.


Sarah Schulte-Döinghaus, Bundesvorsitzende der Katholischen Landjugendbewegung Deutschlands (KLJB) e.V.  (KLJB)
Sarah Schulte-Döinghaus, Bundesvorsitzende der Katholischen Landjugendbewegung Deutschlands (KLJB) e.V. / ( KLJB )
Quelle:
DR
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