Eine neue Untersuchung der "Society for Orthodox Christian History in the Americas" setzt die Zahl der orthodoxen Christen weltweit deutlich niedriger an als bisherige Annahmen.
Demnach sind die ersten drei Länder in Bezug auf die orthodoxen Bevölkerungszahlen weltweit Russland mit wohl deutlich über 100 Millionen (77 Prozent der Bevölkerung), die Ukraine mit 35 Millionen (65 bis 77 Prozent) und Rumänien mit 19 Millionen und einem Bevölkerungsanteil von 82 Prozent.
Die Orthodoxie ist aber auch die vorherrschende Religion in einigen anderen Ländern Ost- und Südosteuropas, so in Belarus, für das die Angaben allerdings stark schwanken (48 bis 73 Prozent), Griechenland (95 bis 98 Prozent), Serbien (97 Prozent), Bulgarien (88 Prozent), Moldawien (93 Prozent), Georgien (84 Prozent), Nordmazedonien (65 Prozent), Zypern (89 Prozent) und Montenegro (72 Prozent).
Signifikante orthodoxe Minderheiten gibt es in Bosnien und Herzegowina (31 Prozent), Lettland (18), Estland (14), Albanien (7), Litauen und Kroatien (je 4), Slowenien und Deutschland (je 2 Prozent).
Genaue Zahl?
Die genaue Zahl der Orthodoxen weltweit ist schwer zu bestimmen. Die Kriterien für Kirchenzugehörigkeit sind in den Statistiken sehr unterschiedlich. Einige machen die Einstufung vom Selbstbekenntnis, andere von Taufzahlen oder von der regelmäßigen aktiven Glaubensausübung abhängig. Damit ergeben sich vor allem bei der mit Abstand größten orthodoxen Kirche, dem Moskauer Patriarchat - dem aber in jedem Fall über die Hälfte aller Orthodoxen weltweit angehört -, stark abweichende Zahlen von 100 bis 150 Millionen.
Der Autor der Studie, Matthew Namee, nennt als Gesamtzahl der Orthodoxen 192 Millionen Menschen, also deutlich weniger als vom Patriarchat Konstantinopel angegeben, das in seinen Pressemitteilungen von Patriarch Bartholomaios I. als dem geistlichen Oberhaupt von 300 Millionen Orthodoxen spricht.
Demografische Verschiebung
Nach neueren Berechnungen des New Yorker Pew Research Center ist der Anteil der Orthodoxen an der christlichen Bevölkerung weltweit gesunken. Vor einem Jahrhundert waren demnach noch 20 Prozent der Christen orthodox; heute sind es noch 12 Prozent. Diese Entwicklung korreliert allerdings mit dem allgemeinen Rückgang des Anteils der Christen in Europa von 91 auf 77 Prozent.
Der Grund für die demografische Verschiebung liegt am starken Anwachsen nichtorthodoxer oder nichtchristlicher Bevölkerungen vor allem in Afrika, Asien und Südamerika; zudem an der deutlich geringeren Kinderzahl im Vergleich mit der islamischen Welt, aber auch Indien oder China.
Doch während der Anteil der Orthodoxen in Europa - ebenso wie der von Katholiken und Protestanten - stetig abnimmt, steigt die Zahl der Orthodoxen in Afrika derzeit rapide. Ungefähr 1,3 Millionen Orthodoxe leben inzwischen auf diesem Kontinent, auf dem es noch vor 80 Jahren, abgesehen von einer griechischen Diaspora, so gut wie keine einheimischen Orthodoxen gab. Die Hälfte von ihnen sind heute Kenianer; andere stärkere Gruppen leben in Uganda und Tansania.
Unter den EU-Ländern hat Rumänien eindeutig die stärkste orthodoxe Bevölkerung. So wundert es nicht, dass auch die meisten der inzwischen in Westeuropa lebenden Orthodoxen Rumänen sind. In Italien lebt ein großer Teil der rumänischen Diaspora: 1,2 Millionen laut dem rumänischen Außenministerium. Auch 300 der mehr als 1.300 rumänischen Kirchengemeinden der Diaspora weltweit befinden sich in Italien, also fast ein Viertel.
Über zwei Millionen Orthodoxe in Deutschland
In Deutschland dürften inzwischen über zwei Millionen Orthodoxe leben. Auch hier sind rund ein Drittel Rumänen, aber es gibt auch etwa je 400.000 bis 450.000 Orthodoxe aus Griechenland, Serbien und den zur Russischen Kirche gehörenden Ländern. Hinzu kommen mehr als 120.000 arabischsprachige Orthodoxe, oft Flüchtlinge aus Syrien und dem Libanon.
In Deutschland bzw. vom Ausland für orthodoxe Gemeinden in Deutschland zuständig sind derzeit 18 Diözesan- und Auxiliarbischöfe, davon 6 in der griechisch-orthodoxen Metropolie, je zwei in der antiochenisch-orthodoxen Kirche, in der Russischen Auslandskirche, der serbischen und der rumänischen Kirche und je einer für das Moskauer Patriarchat und für die ukrainischen, bulgarischen und georgischen Pfarreien.
Das Verhältnis zwischen Bischöfen und Gläubigenzahl ist sehr unterschiedlich. Während auf rund 75.000 Griechen ein Bischof kommt, ist für die 400.000 Gläubigen und inzwischen gut 120 Gemeinden in Deutschland des Moskauer Patriarchats nur ein Bischof zuständig. Die etwa 700.000 Rumänen werden von zwei Bischöfen betreut, die 350.000 bis 400.000 Serben ebenfalls durch zwei.