Der Karfreitag steht ganz im Zeichen des Kreuzes. Der Kreuzestod ist die schmählichste Todesart zur damaligen Zeit. Die Hinrichtung des Verurteilten war scheinbar noch nicht grausam genug; denn der Gekreuzigte wurde zugleich auch geächtet. Das muss die Jünger Jesu maßlos enttäuscht und in tiefe Traurigkeit gestürzt haben, weil sie doch auf diesen Jesus all ihre Hoffnung gesetzt hatten. Die Trauer um den gekreuzigten Herrn (althochdeutsch kara = Trauer, Klage) hat dem Karfreitag wie auch dem Karsamstag und der ganzen Karwoche den Namen gegeben.
Zur Zeit der Todesstunde Jesu, um 15 Uhr, versammelt sich die Gemeinde zu einem Gottesdienst, in dem sie auf das Leiden und den Tod ihres Herrn schaut.
Die Karfreitagsliturgie beginnt in aller Stille. Vor dem Altar auf dem Boden ausgestreckt, verharren die Priester zunächst in schweigendem Gebet. Die drei Abschnitte des Gottesdienstes bestehen aus dem Wortgottesdienst mit der Lesung des vierten Liedes vom Gottesknecht (Jes 52,13–53, 12) und der Passion nach Johannes (Joh 18,1–19, 42) sowie den Großen Fürbitten in den Anliegen von Kirche und Welt, der Verehrung des Kreuzes durch alle am Gottesdienst Teilnehmenden und der Kommunionfeier als Verbindung der Gläubigen mit Jesus Christus im Sakrament seiner Liebe. Auf eine Eucharistiefeier wird am Karfreitag seit alter Zeit verzichtet.
Der Karfreitag zeigt einerseits die Erniedrigung des Menschen Jesus und sein äußerliches Scheitern am Kreuz. Gleichzeitig wird dieses schmähliche Leiden und Sterben Jesu mithilfe biblischer Aussagen theologisch gedeutet als Heil, als Erlösung für die Menschen.
Der dreifache Ruf bei der Kreuzverehrung mit jeweils feierlich erhobenem Kreuz macht deutlich, dass wir heute den Karfreitag feiern im Wissen um Ostern: „Seht das Kreuz, an dem der Herr gehangen, das Heil der Welt.“ Die Gemeinde antwortet: „Kommt, lasset uns anbeten!“
aus: Magnificat. Das Stundenbuch. Die Heilige Woche 2017